Kriegs-, Krisen- & Konfliktfotografie
Schwerpunktthema

Ins Netz gegangen #01: Linktipps zur Kriegs-, Krisen- & Konfliktfotografie

Linkliste, die erste: Für das neue Schwerpunktthema greifen wir das bei »Social Media für Fotograf*innen« etablierte Format »Ins Netz gegangen« auf, um euch wieder interessante Fänge aus dem Netz zu präsentieren. Mit Gerhard Paul blicken wir zurück auf die Geschichte der Kriegsfotografie und fragen ausgehend von zwei Forschungsprojekten nach der Rolle privater Fotografie im 2. Weltkrieg und der Bildkultur im Österreich der Nachkriegszeit. Als Schmankerl zeigt ein Wired-Artikel, warum Facebook ein ikonisches Kriegsfoto gelöscht hat. Und zu guter Letzt zeigen uns Studierende der Berliner Humboldt Universität ihre Perspektive auf die Semiotik der Kriegsfotografie.
Text – Felix Koltermann
1. Die Geschichte der fotografischen Kriegsberichterstattung

Im Internet ist ein Artikel aus dem Jahr 2005 eigentlich ein alter Hut. Aber da der Blick auf die Geschichte der Kriegsfotografie sehr viel größere Zeiträume umfasst, sei dies hier erlaubt. Zumal der Verfasser dieses für die Bundeszentrale für politische Bildung verfassten Textes, Gerhard Paul, einer der Begründer der visuellen Geschichtsforschung ist. Der Historiker schlägt den ganz großen Bogen, von der frühen Fotografie und deren Anleihen an die Malerei bis hin zur »visuellen Rüstungsspirale des postmodernen Krieges«.

http://www.bpb.de/gesellschaft/medien-und-sport/bilder-in-geschichte-und-politik/73169/kriegsberichterstattung

2. Kriegsfotografie im 2. Weltkrieg zwischen privater und professioneller Praxis

Wer einen umfassenden Blick auf die Rolle der Fotografie im Krieg werfen möchte, der darf auch die private Fotografie von Soldaten und Amateuren nicht ignorieren. Vor allem dann, wenn sie wie im Nationalsozialismus geschickt für Kriegspropaganda genutzt wurde. Einen Überblick dazu liefert der Forschungsblog des Historikers Thomas Lienkamp. Zwischen September 2014 und 2016 veröffentlichte der Autor 22 Texte, die von der Entwicklung der organisierten Privatfotografie im Dritten Reich bis hin zu Kameratypen der Wehrmacht reichen.

https://2wkvisuell.hypotheses.org/

3. Warum Facebook ein ikonisches Kriegsfoto gelöscht hat

Es hat etwas von einer Räuberpistole: Der norwegische Autor Tom Egeland postet im Sommer 2016 das ikonische Bild des AP-Fotografen Nick Út auf Facebook, das die im Vietnamkrieg vor einer Napalmwolke fliehende Kim Phuc zeigt. Kurze Zeit darauf löscht das Netzwerk das Bild mit dem Hinweis auf die Nacktheit des Mädchens. Dem folgte eine öffentliche Debatte über Zensur in den sozialen Netzwerken, redaktionelle Freiheiten und Deutungshoheiten in der digitalen Öffentlichkeit. Max Biederbeck zeichnet die Debatte auf Wired nach.

https://www.wired.de/collection/life/warum-facebook-ein-ikonisches-kriegsfoto-geloescht-hat

4. War of Pictures – Bildkultur in Österreich 1945-1955

Um etwas über die Bedeutung des Zweiten Weltkrieges in Europa zu erfahren, lohnt sich auch der Blick in die Nachkriegszeit. Ein österreichisches Forschungs- und Ausstellungsprojekt hat genau das getan und die Bildkultur im Alpenland zwischen 1945 und 1955, der Zeit unter alliierter Besatzung, untersucht. Deutlich wird das Spannungsfeld zwischen der Entwicklung einer eigenen journalistischen Bildkultur und der Rolle der Fotografie als Propagandainstrument im Kalten Krieg.

https://warofpictures.univie.ac.at/

5. Zeichen des Krieges – Beiträge zur Semiotik der Kriegsfotografie

Wie ein Blick in die Tiefe mit Hilfe ausführlicher Bildanalysen verborgene Deutungsebenen von Kriegsfotografien offenlegen kann, das zeigt eindrücklich die Online-Publikation »Zeichen des Krieges«. Sie ist das Ergebnis eines von Ulrike Heringer geleiteten Tutoriums zur semiotischen Analyse von Kriegsfotografien an der Humboldt-Universität zu Berlin. Die Palette der von den Studierenden diskutierten Bilder reicht von Aufnahmen aus dem Spanischen Bürgerkrieg bis hin zu fotojournalistischen Dokumenten aus dem letzten Irakkrieg. Wenn auch an einigen Stellen etwas wissenschaftlich verschwurbelt, so ist es doch eine interessante Lektüre.

https://edoc.hu-berlin.de/handle/18452/97


Felix Koltermann ist promovierter Kommunikationswissenschaftler und arbeitet zu den Themen internationaler Fotojournalismus, visuelle Medienkompetenz und zeitgenössisches Fotobuch. Zuletzt hat er das Buch »Fotoreporter im Konflikt – Der internationale Fotojournalismus in Israel/Palästina« beim Verlag Transcript publiziert. Er betreibt den Blog »Fotografie und Konflikt« und ist als freier Journalist unter anderem für die Zeitschrift Photonews tätig. Auf Twitter und Instagram ist er unter @fkoltermann zu finden.