Politik & Medien
FREELENS Pressemitteilung zur DSGVO

Wenn Menschen zum Problem werden & die Meinungs- und Informationsfreiheit verschwindet

Ab dem 25. Mai 2018 wird es eng. Eng für Fotografen, eng für die, die Fotos veröffentlichen.

Denn ab dem 25. Mai 2018 gilt die Europäische Datenschutz-Grundverordnung. Danach wird das Fotografieren von Menschen zu einem Akt der personenbezogenen Datenerhebung – und fällt somit unter die DSGVO. Das Problem: laut der neuen Verordnung muss bereits vor der Aufnahme die Einwilligung aller Abgebildeten eingeholt werden.

Doch wie soll das gehen?

Soll ein Fotograf jetzt, wenn er die Südkurve im Signal Iduna Park während eines Bundesliga-Spiels fotografiert, hunderte Personen um Erlaubnis bitten? Ja, lautet die Antwort, er muss sogar. Bis er alle Personen gefragt hat, ist das Spiel allerdings längst vorbei.

Und bisher?

Bisher durften Personen unter bestimmten Umständen auch ohne schriftliche Einwilligung fotografiert und veröffentlicht werden. Das regelte ein altes Gesetz von 1907, das sogenannte Kunsturhebergesetz. Darin heißt es ganz pragmatisch, dass Bilder ohne die Einwilligung der abgebildeten Personen verbreitet werden dürfen, wenn »die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen«. Damit ist gemeint und wurde durch die Rechtsprechung der letzten 111 Jahre gefestigt: Wenn die Person für die wesentliche Bildaussage unwichtig ist, darf sie auch veröffentlicht werden. Wäre dies nicht so, dürften nämlich grundsätzlich nur menschenleere Straßen fotografiert werden.

Genau dies wird jetzt geschehen. Digitale Fotos von Menschen beinhalten personenbezogene Daten wie Aussehen, Alter, Geschlecht, Ort und Datum der Aufnahme, etc. – und da greift die DSGVO voll durch. Keine Aufnahme, von wem auch immer, darf ohne Genehmigung erstellt und schon gar nicht veröffentlicht werden. Dies wird weitreichende Konsequenzen für den Bildermarkt haben – und zwar nicht nur für Fotografen und Agenturen, sondern auch für Unternehmen, Vereine, Politiker…

Wie konnte es dazu kommen?

Der Gesetzgeber hat es nicht nur versäumt, sondern er weigert sich ausdrücklich, ein sogenanntes Medienprivileg, wie es im alten Bundesdatenschutzgesetz verankert war, wieder einzuführen. Und dies, obwohl der Europäische Gesetzgeber ihn ausdrücklich dazu aufgefordert hat – nachzulesen im Artikel 85 der DSGVO. Schweden und andere Länder haben ihre Grundrechte geschützt – mit dem guten Argument der Meinungs-, Presse-, und Kunstfreiheit.

Die deutsche Regierung dagegen beharrt auf dem Standpunkt, dass die Gerichte in den nächsten Jahren den Rechtsfrieden, welchen auch immer, schon herstellen werden. Das ist natürlich billig und die Betroffenen fragen sich, welche Existenzberechtigung Entscheider in den Bundesministerien und letztlich die verantwortlichen Politiker haben, die die Rechtsfindung Gerichten überlassen und deren eigener Gestaltungswille dagegen gen Null tendiert.

Noch bevor das Gesetz in Kraft getreten ist, geben sie bekannt: »Wir leben derzeit noch in einer Phase der Unsicherheit, des Übergangs. Sie wird so lange dauern, bis die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für mehr Klarheit sorgt.«

Kann man so eine Gesellschaft formen, Rechtsfrieden herstellen, eine Güterabwägung zwischen den Grundrechten herstellen? Nein, kann man nicht.

Die 2.400 Mitglieder des Berufsverbandes der Fotografinnen und Fotografen, FREELENS e.V., schreiben momentan alle Bundestagsabgeordneten an, um auf diesen Missstand hinzuweisen.

Sie fordern die Abgeordneten auf, Rechtssicherheit herzustellen, die Grundrechte zu verteidigen und das Feld nicht den Abmahnanwälten zu überlassen.

Denn handelt der Gesetzgeber nicht umgehend, ist der Fortbestand aller Formen von Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie der Kunst- und Meinungsfreiheit, wie wir sie heute kennen, gefährdet.