BGH-Urteil
Martin Vogel ./. VG Wort

Die Kaffeesatzleserei ist vorbei

FREELENS begrüßt das Urteil des BGH in der Sache Martin Vogel ./. VG Wort.

In dem Verfahren zum Verteilungsplan der VG Wort geht es um die Klage des Autors Dr. Martin Vogel. Nach seiner Ansicht sei die VG Wort nicht berechtigt, bei ihren Ausschüttungen an den Kläger einen Verlagsanteil abzuziehen. Das Oberlandesgericht München hatte Vogels Klage im Oktober 2013 weitgehend stattgegeben. Gegen die Entscheidung des OLG München hatte die VG Wort beim Bundesgerichtshof Revision beantragt.

Der BGH hat in seinem Urteil vom 21. April 2016 (Aktenzeichen I ZR 198/13 – Verlegeranteil) alle Argumente für eine Verlegerbeteiligung nach geltendem Recht zurückgewiesen.

Eine Beteiligung der Verlage an den Einnahmen von Verwertungsgesellschaften lasse sich weder aus dem Urheberrecht (§ 63 a UrhG), noch aus dem Verlagsrecht oder dem Gewohnheitsrecht herleiten, begründet der BGH sein Urteil. Auch aus der EU-Urheberrechts-Richtlinie von 2001 (InfoSoc-Direktive) oder der Vermiet- und Verleihrichtlinie lasse sich eine Beteiligung der Verlage nicht herleiten.

Verleger haben demnach keine originären Rechte an gesetzlichen Vergütungsansprüchen. Selbst wenn der Gesetzgeber – was er in aller Eile wohl herstellen möchte – den Verlegern ein eigenes Leistungsschutzrecht zugestehen würde, würde dieses nicht greifen, da die europarechtlichen Bestimmungen keine Ausschüttungen an Verleger vorsehen.

Als Treuhänderin dürfe die VG Wort [und damit auch die VG Bild-Kunst] die Einnahmen ausschließlich an Berechtigte verteilen. Mit diesem Grundgedanken ist es unvereinbar, Nichtberechtigte [Verlage und Agenturen] an den Einnahmen zu beteiligen.

Demnach steht nunmehr fest, dass die Verteilungspläne und wohl auch die Satzungen mindestens der VG Wort und der VG Bild-Kunst in Teilen rechtswidrig sind, soweit diese den Verlegern eine pauschale Beteiligung an den Vergütungsansprüchen zugestehen.

Damit müssen jetzt die VG Wort und auch die VG Bild-Kunst ihre Verteilungspläne ändern und die Auszahlungen an Verlage und Agenturen seit 1. Januar 2012 rückabwickeln – die Auszahlungen erfolgten nur unter Vorbehalt. Diese Gelder stehen nunmehr ausschließlich den Urhebern zu. Die Gremien der VG Bild-Kunst, in denen FREELENS vertreten ist, werden sich deshalb in Kürze zusammensetzen, um die neuen rechtmäßigen Verteilungspläne und die nicht unerheblichen administrativen Aufgaben im Zusammenhang mit der Rückabwicklung zu besprechen. Ein »Zurück zum alten System« wird es mit FREELENS nicht geben.

In ungewöhnlicher Eile haben die Fraktionen der CDU/CSU und der SPD dem Deutschen Bundestag ein Entschließungspapier vorgelegt, in dem der alte Zustand wieder hergestellt werden soll.

In dem Papier heißt es, dass der Bundestag »feststellen« solle, dass sich das »Zusammenwirken von Autoren und Verlegern in gemeinsamen Verwertungsgesellschaften […] über Jahrzehnte bewährt« habe und »Ausdruck des engen Zusammenwirkens zwischen Autoren und Verlegern bei der Entstehung urheberrechtlich geschützter Werke« sei.

Darüber ist FREELENS anderer Meinung – jedenfalls dann, wenn man nicht nur einige Großschriftsteller betrachtet, die sich ihre Verträge und Verlage eh aussuchen können.

Für den Rest gilt: Friss oder stirb. Das reicht von Buyoutverträgen (einmal zahlen – immer nutzen) über »Druckkostenzuschüsse« für Fotobücher von bis zu 15.000 Euro bis hin zu lächerlichen Verkaufsprovisionen im Buchbereich von wenigen Cent pro verkauftem Exemplar.

Kein Wort des Bedauerns ist seitens der Verleger zu hören, die ihr Geschäftsmodell auf dem Rücken der Urheber aufgebaut hatten – nach vorsichtigen Schätzungen sind in den vergangenen Jahren ca. 500 Millionen Euro rechtswidrig an die Verlage ausgezahlt worden. Im Gegenteil: Schon schwadronieren sie, dass nunmehr Honorare gekürzt und die Journalistenausbildung gestrichen werden müssen.

FREELENS wird sich mit allen Kräften dafür einsetzen, dass die Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaften denjenigen zukommen, denen sie zustehen – den Urhebern.

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