Suchmaschinen gegen Bilderklau
Bilderkennungsprogramme, sowie in Fotos eingebettete digitale Wasserzeichen, sollen Schutz gegen Bilderraub bieten. Das tun sie auch, allerdings mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen. FREELENS hat die Programme ausprobiert.
Text – Achim Duwentäster
Man muss kein Hellseher sein, um zu wissen, dass sich der Bildermarkt in Zukunft noch weiter in das Internet verlagern wird – bei gleichzeitig geringerer Printnutzung. Umso wichtiger wird für Fotografen, Grafiker und Agenturen sein, ihre urheberrechtlich geschützten Bilder effektiver als bisher zu verfolgen und unrechtmäßige Nutzungen aufzuspüren. Eine systematische Kontrolle der Nutzungsrechte von Fotos im Web ist bis jetzt nur schwer möglich. Illegal genutzte Fotos über eine manuelle Suche zu finden, führt nur selten zu einem erfolgreichen Ergebnis. Denn ein Bilderdieb wird kaum den originalen Dateinamen verwenden, IPTC-Metadaten können leicht manipuliert werden und ein Urhebervermerk wird eher aus Versehen neben einer nicht genehmigten Nutzung zu finden sein.
Dagegen sollen digitale Wasserzeichen, unsichtbar als Muster in den Fotodaten eingewebt, Rechteinhabern helfen, eine unberechtigte Nutzung im Web aufzuspüren. Solche mit verschiedenen Methoden der Steganografie (aus dem griechischen: versteckte Schrift) behandelten Bilder lassen sich dann über spezielle Suchmaschinen, die das Internet nach den versteckten Wasserzeichen durchsuchen, besser aufspüren – jedenfalls in der Theorie. In der Praxis muss ein digitales Wasserzeichen nicht nur den üblichen Bearbeitungen eines Fotos wie Verkleinern, Beschnitt, Formatkonvertierung mit reduzierter Farbdarstellung (z.B. TIFF zu GIF oder BMP) und JPEG-Komprimierung standhalten, sondern auch aggressiveren, darauf spezialisierten Methoden wie Jitter-, Mosaic- und Collusion-Attacken, die gezielt angewandt werden, um ein Wasserzeichen zu zerstören.
Dabei stehen die Entwickler von Wasserzeichen-Software vor einem paradoxen Problem: Je robuster eine Markierung im Foto eingebracht wird, desto eher wird sie sichtbar.
Zum Testen der verschiedenen Wasserzeichen-Verfahren wurde von Fabien Petitcolas an der Universität Cambridge das Programm Stirmark entwickelt (www. petitcolas.net). Die Software streckt, verschiebt, rotiert und interpoliert Bilddateien – mit katastrophalen Ergebnissen für die Wasserzeichen-Entwickler: Kein Programm kann bisher allen Attacken widerstehen, wenn die Bearbeitung stark genug ist. Für einen einfachen Schutz reichen Watermarking-Programme allerdings aus. Eine perfekte Sicherheit kann jedoch bis jetzt keine Einbettung von digitalen Wasserzeichen bieten, dafür ist die Watermark-Technik zu leicht auszuhebeln. Es gibt nur wenige Firmen, die konsequent entsprechende Tracking-Technik oder sogar einen vollen Service dazu anbieten. Die beiden wichtigsten Anbieter mit dieser Technologie sind PictureMarc und Photopatrol.
DIE DIGITALE BILDERKENNUNG
Eine andere Methode nach unauthorisierten Bildnutzungen im Internet zu fahnden, basiert auf der noch relativ jungen Technik, der digitalen Bilderkennung. Bei dieser Art der Identifizierung werden keine eingewebten Wasserzeichen oder Metadaten benötigt.
Mithilfe von Algorithmen zur Muster-erkennung, wie Pixelverteilung und typisches Farbrauschen, können von jedem Foto einzigartige Signaturen – am ehesten mit Fingerabdrücken vergleichbar – erstellt werden. Bei diesem Verfahren spielen sogar Größe, Farbanpassungen, Ausschnitte, Spiegelung und andere Veränderungen an Fotos bei der Identifizierung keine große Rolle.
Die israelische Firma PicScout arbeitet seit 2003 mit diesem System und zählt inzwischen Agenturen wie Getty Images, Corbis, Mauritius, Look u.a. zu ihren Kunden. PicScout bietet allerdings nicht nur die Technik an, sondern treibt auch gleich mit Rechtsanwälten und Inkassobüros eventuelle finanzielle Ansprüche ein, von denen PicScout 30 Prozent als Honorar behält.
Ein PicScout-Kunde lädt Bilder, die im Internet auf unlizenzierte Nutzungen überprüft werden sollen, in eine Datenbank von PicScout. Dort werden die Fotos vom »Image Tracker« erfasst und in einem digitalen Fingerabdruck gespeichert. Spezielle Suchprogramme – sogenannte »robots« – durchsuchen das Internet nach den Fingerabdrücken dieser Bilder.
Hat der Suchroboter ein Foto anhand des Fingerabdruckes auf einer fremden Website gefunden, erstellt er einen Bericht, in dem Datum, Bild und URL der Website an den Kunden übermittelt werden. Der Urheber kann nun überprüfen, ob der Domaininhaber eine gültige Lizenz für dieses Bild hat oder eben nicht.
PicScout konzentriert sich bei der Suche auf kommerzielle Webseiten. Dort lassen sich eher Gebühren eintreiben als bei privaten Seitenbetreibern, die manchmal gar nicht mehrere Tausend Euro aufbringen können, um die dann anfallenden Abmahnkosten und Schadensersatzansprüche zu begleichen.
Die Suchmaschine Tineye der kanadischen Firma Idée Inc. nutzt auch Software, die Bilder an ihren spezifischen Bildmerkmalen erkennt. Tineye baut allerdings auf eine andere logistische Infrastruktur. Nach dem Google-Prinzip schickt Tineye ein Crawler-Programm durch das Internet und erstellt einen Index mit »Fingerprints« von allen gefundenen Bildern.
Mit diesen, inzwischen rund 1 Milliarde, auf der Tineye Datenbank abgelegten Fingerprints, wird ein fragliches Foto verglichen. Identische Bilder werden so sehr schnell – zurzeit innerhalb von Sekunden – »on-the-fly« gefunden. Als Ergebnis erhält man eine Liste mit Websites auf denen das gesuchte Foto zu finden ist. Natürlich nur von den Websites, die vom Crawler bereits durchsucht worden sind.
PixID ist ein weiteres Produkt und Service von Idée zum automatischen Aufspüren von Fotos nicht nur im Internet, sondern auch im Printbereich. PixID soll bis jetzt weltweit die einzige Möglichkeit zur automatischen Suche in Magazinen und Zeitungen sein. Auch dabei wird moderne Bilderkennungssoftware genutzt, so dass Veränderungen wie Ausschnitte, Montagen und Texteinschübe bei der Erkennung der gedruckten Fotos kaum eine Rolle spielen.
FAZIT
Beim derzeitigen Stand der Technik sind Anwendungen zur Einbettung von digitalen Wasserzeichen nach dem steganografischen Verfahren immer noch unsicher und manipulierbar. Zudem nützt es wenig, wenn ein Foto zwar einen unsichtbaren Copyright-Stempel trägt, es aber im weiten Web nicht aufzuspüren ist.
Dagegen sind Suchprogramme nach dem Verfahren der digitalen Bilderkennung sehr Erfolg versprechend. Relativ zuverlässig finden diese eine Reihe von Bildähnlichkeiten – unabhängig davon, ob die Bildgröße verändert wurde, Schriften oder Bildelemente zugefügt wurden. Hier liegen Chancen für Urheber – und Risiken beim Bilderklau.
PICTURE MARC
Eine der bekanntesten Firmen, die die Technik der Steganografie einsetzt, ist Digimarc. Ihr Programm PictureMarc kann als Plug-in in Photoshop integriert werden. Das Wasserzeichen gilt zwar als vergleichsweise robust, scheitert jedoch an einem simplen Weichzeichnen des Bildes. Das PictureMarc Plug-in ermöglicht eine stufenweise Einstellung der Einbettungsstärke. Leider sind in der höchsten Einstellung, die gleichzeitig die stabilste gegenüber Zerstörungen ist, sichtbare Artefakte nicht zu vermeiden.
Digimarc bietet drei Preismodelle mit unterschiedlichen Konditionen an. Zwei Modelle (1.000 Fotos für 79 US Dollar, 3.000 Fotos für 199 Dollar) beeinhalten kein aktives Image Tracking, sind also kaum empfehlenswert. Das »MyPictureMarc Professional« genannte Preismodell kostet für 5.000 Fotos 499 US Dollar im Jahr.
www.digimarc.com
PHOTOPATROL
Das Wasserzeichen von Photopatrol, entwickelt am Fraunhofer-Institut SIT in Darmstadt und bisher nur mit Windows-Rechnern nutzbar, kann lediglich in Fotos implementiert werden, die größer als 150 Kilobyte sind. Auf Webseiten aber sind eher kleinere Bildgrößen die Regel. Wie man Bilderdiebe daran hindern kann, ein Foto nicht unter 150 Kilobyte zu verkleinern, verraten die Forscher des Fraunhofer-Instituts leider nicht.
Photopatrol gibt es auch nicht umsonst. Der »Photopatrol Professional-Service« ist für Profi-Fotografen gedacht und man kann für 125 Euro pro Jahr nach 400 Fotos automatisch suchen lassen. Die Version für Fotoagenturen überwacht 2500 Fotos aktiv und kostet 500 Euro im Jahr.
http://www.photopatrol.eu
PICSCOUT
Der Suchdienst bietet drei verschiedene Preismodelle zu einer monatlichen Gebühr an: 500 Fotos für ca. 15 US-Dollar. 1000 Fotos für ca. 25 US-Dollar und 2000 Fotos für ca. 35 US-Dollar
Für diesen Preis werden die Webseiten nur eines einzigen Landes durchsucht, entweder USA, Großbritannien oder Deutschland. Wer mehr als ein Land durchsuchen lassen möchte, zahlt pro Land ca. sechs US-Dollar mehr. Die Auswahl ist aber auf diese drei Länder mit den größten Bildermärkten begrenzt. Wenn auf französischen oder italienischen Webseiten Fotos ungenehmigt genutzt werden sollten, ist PicScout leider keine Hilfe.
Da es naturgemäß mehrere Monate dauern kann, 40 Milliarden Webseiten zu durchsuchen, sollte man den Dienst mindestens ein Jahr lang in Anspruch nehmen, um relevante Ergebnisse zu bekommen.
www.picscout.com
TINEYE
Bis jetzt befindet sich Tineye noch in der Beta-Version und der Suchindex umfasst lediglich einen minimalen Bruchteil der online stehenden Bilder. Täglich werden es mehr. Trotzdem sind die Ergebnisse jetzt schon beeindruckend. Selbst Fotos mit eingefügtem Text oder freigestellte Motive werden identifiziert. Nur mit gespiegelten Fotos scheint es (noch) Probleme zu geben. Bis jetzt ist diese Suchmaschine in der Beta-Phase nach Anmeldung kostenlos. Ob es dabei bleiben wird, ist noch unklar.
tineye.com
Software für den Test von Wasserzeichen:
http://www.petitcolas.net/fabien/watermarking/stirmark
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Achim Duwentäster
arbeitet als Fotograf und Bildredakteur. Er ist Mitglied von »teamwork«, Fotoagentur und Redaktionsbüro in Hamburg.