Im Paragraphen-Dschungel
Wer fotografiert, ist unausweichlich mit Rechtsfragen konfrontiert. Doch im scheinbaren Dickicht der Gesetze gibt es klare Strukturen.
Editorial – Kay Dohnke
Es beginnt mit dem Klicken des Kameraverschlusses: Sobald eine Aufnahme gemacht ist, sieht sich ein Fotograf mit zahlreichen juristischen Aspekten konfrontiert. Ob abgelichtete Personen oder Abnehmer der Bilder – die einen versuchen immer öfter, Einfluss zu nehmen und finanzielle Forderungen zu stellen, die andern verwenden die gelieferten Aufnahmen gern auch über den vereinbarten Rahmen hinaus, und mit Plagiaten oder direktem Bilderklau machen viele Kollegen unliebsame Erfahrung. Da schwankt der Urheber zwischen Ratlosigkeit und Wut.
Ob berechtigt oder nicht – wer mit der Kamera arbeitet, wird angesichts derartiger Komplikationen gewiss schon mal bedauert haben, kein Jurist zu sein. Dabei ist der Streit um das Recht am eigenen Bild, um bedingte oder absolute Personen der Zeitgeschichte oder fehlende Model-Releases zumeist nur eine vorübergehende Quelle der Frustration und mit etwas vorausschauender Umsicht häufig vermeidbar. Das Gefühl aber, von seinen Abnehmern ausgenutzt und unfair behandelt oder doch als Geschäftspartner nicht für voll genommen zu werden, ist dagegen wohl eher schon strukturell zu nennen.
Was hilft? Zum einen der Blick in die Fotogeschichte, denn um Bilder sind schon die verrücktesten Streitigkeiten geführt worden. Und zum andern mehr Widerspruchsgeist – in der scheinbar endlosen, aber sich im Prinzip doch immer wiederholenden Auseinandersetzung darum, was Verwerter mit Fotos machen dürfen und welches die Rechtspositionen der Urheber sind, trafen bundesdeutsche Gerichte in den letzten Monaten erfreuliche Entscheidungen.
Trotzdem: Die Kräfte werden im Medienbusiness weiterhin ungleich verteilt bleiben, und wirtschaftliche Potenz gilt zumeist als scheinbare Legitimation, sich willkürlich über geschriebene Gesetze hinwegzusetzen. Das Urheberrecht gehört noch lange nicht zur Stammlektüre der Verleger, und es muss ihnen daher auch weiterhin unter die Nase gehalten werden. Die Konkurrenzsituation der einzelnen Fotografen untereinander spielt den Controllern in die Tasche – viel zu leicht findet sich jemand, der einen Job für weniger Honorar macht oder sich für’s gleiche Geld weitergehende Nutzungsrechte abluchsen lässt. Hier gilt es aufzupassen.
So ermutigend der aktuelle Trend bei den Urteilen auch sein mag – es wird für Fotografen auch künftig immer wieder Grund zum Prozessieren geben. Wir bleiben dran.