Erste Schlappe
»Unwirksam, nicht zulässig« – so beurteilt das Berliner Landgericht wesentliche Regelungen in den Honorarbedingungen des Axel Springer Verlages. Da aber noch Fragen offen sind, geht der Rechtstreit in die zweite Runde.
Text – Dirk Feldmann
Foto – Juergen Stumpe
Im Januar 2007 hat der Axel Springer Verlag begonnen, freien Fotografen und Textern neue Honorarbedingungen zu übersenden, die für alle künftigen Aufträge gelten sollten. Wer nicht ausdrücklich widerspricht, soll die Bedingungen damit akzeptiert haben. Einseitig will sich Springer nahezu sämtliche Nutzungsrechte für alle wirtschaftlich bedeutenden Nutzungsarten an Foto- und Textbeiträgen einräumen lassen. Das alles soll mit einer einmaligen Zahlung abgegolten sein. Ein Pauschalhonorar für sämtliche Veröffentlichungen, zudem noch mit dem Recht der Syndication – das stieß auf breite Ablehnung der Urheber.
Auf ihren scharfen Protest und die Reaktion der Berufsverbände hin, zeigte der Verlag keine Reaktion, verschickte die Honorarbedingungen weiterhin unverändert. Darauf haben die Verbände djv, Ver.di und FREELENS e.V. gemeinsam ein einstweiliges Verfügungsverfahren eingeleitet. Das zuständige Landgericht Berlin soll feststellen ob die Honorarbedingungen rechtswidrig sind.
Die Argumente: Der Springer Verlag würde durch den Weiterverkauf der Bild- und Textrechte als Konkurrent zu den Journalisten auftreten. Den Urhebern würde eine wesentliche wirtschaftliche Grundlage entzogen, da ihnen kaum eine Chance verbleibe, ihre Werke parallel dazu zu verwerten. Die Honorarregelungen stünden deshalb im Widerspruch zum gesetzlichen Leitbild des Urhebervertragsrechts, wie es in den §§ 31 ff UrhG zum Ausdruck komme. Ferner sei der Urheber an jeder Nutzung seines Werkes angemessen zu beteiligen.
Der Axel Springer Verlag argumentierte dem gegenüber, die angegriffenen Honorarregelungen seien weder ungewöhnlich noch überraschend, sondern entsprächen dem im multimedialen Zeitalter Branchenüblichen und Notwendigen.
Das Landgericht hat in seinem Urteil vom 5.6.2007 dem Antrag der Berufsverbände in wesentlichen Teilen stattgegeben und Klauseln, die eine pauschale Vergütung betreffen, als rechtswidrig und damit unwirksam angesehen. Es macht in seiner Begründung deutlich: Der Verlag weicht in den beanstandeten Klauseln zum Nachteil der Journalisten von dem Grundsatz ab, dass der Urheber tunlichst an dem wirtschaftlichen Nutzen zu beteiligen ist, der aus seinem Werk gezogen wird – und zwar bei jeder einzelnen Nutzung.
Das Gericht hält es nicht für zulässig, dass der Verlag den Journalisten lediglich die Möglichkeit einräumt, eine Vergütung im Einzelfall gesondert zu vereinbaren. Damit werde kein Anspruch auf Vergütung begründet, sondern die Pflicht zur Entrichtung eines Nutzungsentgelts in Frage gestellt. Dies widerspreche dem gesetzlichen Leitbild, wonach der Urheber ausnahmslos an jeder Nutzung seines Werkes zu beteiligen ist. Ebenfalls als unwirksam hat das Gericht die Regelung angesehen, wonach das Ausfallhonorar im Falle der Nichtveröffentlichung auf fünfzig Prozent beschränkt wird. Diese Regelung benachteilige Journalisten unangemessen. Weitergehende Feststellungen zur Rechtswidrigkeit wollte das Gericht in dem engen Rahmen eines Einstweiligen Verfügungsverfahrens nicht treffen.
Der Rechtsstreit geht in die zweite Runde: Beide Seiten haben gegen die Entscheidung des Landgerichts Berufung eingelegt. Die Berufsverbände verfolgen das Ziel, bereits im einstweiligen Verfügungsverfahren eine weiter gehende Feststellung der Unwirksamkeit einzelner Klauseln der Honorarbedingungen zu erreichen. Voraussichtlich wird noch in diesem Jahr eine Entscheidung der Berufungsinstanz, dem Kammergericht Berlin, ergehen.