14. September - 18. Oktober 2023
Hamburg Portfolio Review

Photographic Positions 2023

14. September - 18. Oktober 2023
Die Ausstellung der Hamburg Portfolio Review wurde am Donnerstag, 14. September 2023 eröffnet.

Die Ausstellungen der Hamburg Portfolio Review zeigen in ihrer jeweils eigenen Weise eine Auswahl an Serien, die unsere derzeitige gesellschaftliche und weltpolitische Lage oder persönliche Lebenssituation widerspiegeln. Wir sehen eine permanente Gleichzeitigkeit an gegenwärtigen Ereignissen, mit denen Länder, Kulturen oder Individuen konfrontiert sind.

Neben den anhaltenden Folgen und Auswirkungen des russischen Angriffskrieges sind es die Herausforderungen und der Umgang mit der Klima- und Energiekrise, sowie ein bedingungsloses Postulat einer Toleranz und Akzeptanz gegenüber Geschlechtern, Hautfarben oder Religionen. Es sind die drängenden Perspektiven und Haltungen der Fotograf*innen, die eine Relevanz der wiedergegebenen Ereignisse deutlich machen.

In diesem Jahr werden neun Positionen der Hamburg Portfolio Review in der FREELENS Galerie präsentiert:

Bartosz Ludwinskis Titel seiner Serie lautet »YA OKAY« und bezieht sich auf den emotionalen Zustand des Ukrainers Misha. Vermutlich kann er exemplarisch für einen Teil der ukrainischen Bevölkerung gesehen werden, die zwischen Angst und Schock lebt, aber im Alltag eine Resilienz entwickelt, um sich zu schützen und den fortdauernden Terror zu überstehen.

In seinem Fotoessay »Maybe Tomorrow There Will be War Again« dokumentiert Patrick Slesiona die Stimmung in Armenien nach der jüngsten Eskalation im Herbst letzten Jahres. Trotz der Bedrohung durch Krieg und Zerstörung stellt Slesiona eine beeindruckende Widerstandsfähigkeit der Bewohner*innen des armenischen Ferienortes Jermuk fest, die entschlossen sind, in ihrem Ort zu bleiben, obwohl die lokale Wirtschaft einen Zusammenbruch erlitt.

Aus der Serie »Maybe tomorrow there will be war again«: Die NGO Oqni hilft Menschen mit Beinamputationen, ein erfülltes Leben sowohl körperlich als auch geistig zu führen. Die Organisation will Prothesentechnologien in Armenien entwickeln und wurde 2021 von einem interdisziplinären Team von Diaspora-Armenier*innen gegründet. Foto: Patrick Slesiona
Aus der Serie »Maybe tomorrow there will be war again«: Die NGO Oqni hilft Menschen mit Beinamputationen, ein erfülltes Leben sowohl körperlich als auch geistig zu führen. Die Organisation will Prothesentechnologien in Armenien entwickeln und wurde 2021 von einem interdisziplinären Team von Diaspora-Armenier*innen gegründet. Foto: Patrick Slesiona

Chinkly Shuklas Portraitserie »When Buddha stopped smiling« zeigt die verheerenden Folgen der Atomtests vor zwanzig Jahren im indischen Pokhran. Es sind nicht nur die schweren körperlichen Krankheiten ausgelöst durch die nukleare Strahlung, sondern auch das Trauma einer Bevölkerung, dieser politischen Entscheidung ausgesetzt gewesen zu sein.

Gewalt, Krieg und Terror zwingen Menschen aus ihren Ländern zu fliehen, mit der Hoffnung, im jeweiligen Migrationsland ein neues, besseres Leben führen zu können. In ihrer Serie »Stateless« portraitiert Chiara Wettmann Menschen im Libanon, die entweder Geflüchtete aus dem Irak oder Syrien sind oder aufgrund der familiären Situation keine Ausweisdokumente (mehr) besitzen und somit als staatenlos gelten. Grundlegende Rechte oder ein gesetzlicher Schutz wird diesen Menschen nicht zugestanden.

Aus der Serie »Stateless«: Marouh (21) ist Palästinenserin. Sie darf mit ihrer blauen ID-Karte für Palästinenser*inner studieren. Es wird jedoch schwierig für sie sein, anschließend eine Arbeit zu finden. Palästinenser*innen haben in Libanon nur eine begrenzte Arbeitserlaubnis. Foto: Chiara Wettmann
Aus der Serie »Stateless«: Marouh (21) ist Palästinenserin. Sie darf mit ihrer blauen ID-Karte für Palästinenser*inner studieren. Es wird jedoch schwierig für sie sein, anschließend eine Arbeit zu finden. Palästinenser*innen haben in Libanon nur eine begrenzte Arbeitserlaubnis. Foto: Chiara Wettmann

In seinem Langzeitprojekt »053kids« über Jugendliche in Duisburg thematisiert Toby Binder die komplexen Problematiken sozialer Ungerechtigkeit innerhalb von Familien mit Migrationshintergrund. Ihre Identifikation und Zugehörigkeit finden die Jugendlichen, die weder oft das Heimatland ihrer Eltern kennen noch sich in Deutschland akzeptiert fühlen, mit dem Nutzen der Ziffern 053 – der Postleitzahl von Duisburg-Hochfeld. »Es ist der einzige Ort, dem sie sich wirklich zugehörig fühlen. Das sind die 053kids.«

Als Außenseiterin möchte die Jugendliche Mila nicht mehr gesehen werden. In der gleichnamigen Serie begleitet Mitar Simikić die Tochter einer Familie aus Bosnien und Herzegowina, die aus der Familientradition des Müllsammelns und -wiederverkaufens ausbrechen und ein anderes Leben führen möchte.

Es sind die Herausforderungen und der Umgang mit der Klima- und Energiekrise, die uns auf politischer und persönlicher Ebene zum Handeln auffordern. Ingmar Björn Nolting zeigt in seiner Serie »Eviction« die Besetzung und Räumung des Weilers Lützerath Anfang dieses Jahres. Neben dem medialen Kampf über die in Frage gestellte Notwendigkeit, die Kohle unter Lützerath abbauen zu müssen, ist es der reale Kampf, den uns Nolting durch die unterschiedlichen Methoden der Besetzung der Klimaaktivist*innen und dem Einschreiten durch die Polizei bildlich macht.

Aus der Serie »Eviction«: Aktivist*innen blockieren den Schaufelradbagger am Rand des Tagebaus Garzweiler II nahe des Dorfes Lützerath, Deutschland, am 8. Januar 2023. Foto: Ingmar Björn Nolting
Aus der Serie »Eviction«: Aktivist*innen blockieren den Schaufelradbagger am Rand des Tagebaus Garzweiler II nahe des Dorfes Lützerath, Deutschland, am 8. Januar 2023. Foto: Ingmar Björn Nolting

Gleichzeitig soll in diesem Jahr der Betrieb der Kohlemine San Nicolás im spanischen Asturien eingestellt werden. Lys Arango kehrt an den Ort ihrer Großeltern zurück und begleitet in ihrer Serie »The River Ran Black« nicht nur die letzten Minenarbeiter*innen, sondern zeigt auch den dadurch ausgelösten wirtschaftlichen und sozialen Verfall der Region.

Expert*innen gehen davon aus, dass lange heiße Trockenperioden Folgen der Klimakrise sind und uns diese Extremereignisse auch in Zukunft begegnen werden. Im Jahr 2022 sind in Spanien 300.000 Hektar Fläche Waldbränden zum Opfer gefallen. Brais Lorenzo dokumentiert in seiner Serie »Burned Land« den unermüdlichen und fast aussichtlosen Kampf von Seiten der Feuerwehr, aber auch von Bewohner*innen der betroffenen Regionen.

Kuratiert von Prof. Dr. Nina Röder
In Kooperation mit FREELENS Foundation Germany e.V.
Mit freundlicher Unterstützung von Hahnemühle und Canon

Neben der Ausstellung in der FREELENS Galerie sind weitere Arbeiten vom 15. September bis 11. Oktober 2023 im öffentlichen Raum auf dem Platz der Republik in Hamburg Altona zu sehen.

Info

Hamburg Portfolio Review

Die Hamburg Portfolio Review ist eine Plattform für aufstrebende Fotograf*innen und zeitgenössische Geschichtenerzähler*innen, mit dem Ziel die internationale Fotoszene zum Wissens- und Ideenaustausch sowie für mögliche Kooperationen zu vernetzen. 1.266 Fotograf*innen aus 98 Ländern reichten in diesem Jahr ihre Arbeiten ein, aus denen die Jury 100 ausgewählt hat. In persönlichen Gesprächen treffen die Fotograf*innen auf 4 von 60 Reviewer aus den unterschiedlichsten Bereichen – wie Verlagen, Museen, Magazinen, Festivals, Stiftungen, Universitäten und kulturellen Einrichtungen.   https://www.hamburgportfolioreview.de/