Ausstellung
Friedrich-Ebert-Stiftung Bayern

Passt scho

23. Juni - 7. Juli 2022

»Wie nehmen Sie die Lebensqualität in Bayern wahr?«, fragte die Friedrich-Ebert-Stiftung im Herbst 2020 die Menschen in Bayern.

»Alles soll so bleiben wie es ist«, »Passt scho!«, waren dabei häufige Antworten. Denn: Bayern geht’s gut. Wer in Bayern daheim ist, nimmt sein Leben sicher und behütet wahr und fühlt sich wohl. Besonders geschätzt wird die bayerische Natur, die Berge und Seen, welche maßgeblich zur Lebensqualität beitragen. Sicherheit und Stabilität, auch damit verknüpfen die Menschen in Bayern ihr Lebensgefühl. Hier lässt es sich so gut leben, wie sonst nirgendwo in Deutschland. Das Gefühl wirtschaftlicher Stärke und davon abgeleitet von Wohlstand oder sogar Überlegenheit ist weit verbreitet. Man ist stolz auf Bayern.

Aber Bayern ist sehr viel mehr: Es ist ein heterogenes Land im Wandel, mit regionalen Prägungen und einem starken Stadt-Land-Gefälle. Die Ungleichheit der Lebensverhältnisse ist hoch und zieht sich durch alle Lebensbereiche: Arbeitsmarkt, Mobilität, digitale Infrastruktur, Gesundheitsversorgung, Bildung. Bayern fällt regelrecht auseinander – in boomende Regionen und abgehängte Landstriche. Passt also wirklich alles?

Wahrnehmung und Realität klaffen in Bayern weit auseinander: Neben einem starken bayerischen Heimatgefühl, das alles zu überstrahlen scheint, stehen die realen Lebensbedingungen mit all ihren Herausforderungen an Politik und Gesellschaft.

Aus der Serie »Szenen aus Ostbayern – Arbeitskleidung«. Foto: Franziska Schrödinger
Aus der Serie »24h Bad Füssing – Mensch«. Foto: Regina Recht

Die Fotoausstellung »Passt Scho« wirft einen liebevollen, aber auch kritischen Blick auf die bayerische Heimat und beleuchtet die Zukunftsthemen Naturschutz, bezahlbarer Wohnraum, Arbeit, Tourismus und Gesundheit. Denn es gibt durchaus Kritikpunkte an der bayerischen Wirklichkeit und Änderungswünsche an die Politik. Zur Diskussion darüber soll diese Ausstellung anregen.

Auch in Zukunft sollen die Bayerinnen und Bayern sagen können: »Alles soll so bleiben wie es ist – passt scho!« Aber nicht, weil die Augen vor Veränderungen und Weiterentwicklung verschlossen wurden, sondern weil Bayern durch soziale und gerechte Politik zukunftsfest bleibt.

Die großformatigen Langzeitaufnahmen der Serie »Wie im Himmel so auf Erden« von Simon Sola Holischka bezeugen, ohne zu verurteilen. In der Langsamkeit der Nacht ist Raum und Zeit vorhanden, unsere Beziehung zur Welt zu reflektieren. Es stellt sich nicht mehr die Frage, ob wir die Welt verändern können, sondern ob wir sie so verändern, wie wir das wirklich wollen.

Magdalena Jooss zeigt in ihrer Arbeit »Genau hier« verschiedene Facetten des frustrierenden und ambivalenten Kampfes um Wohnraum auf, der nicht allein in München immer problematischer wird.

Aus der Serie »Wie im Himmel so auf Erden«. Foto: Simon Sola Holischka

In »24h Bad Füssing« wird Gudrun Bopp, die im Alter ihren Lebensmittelpunkt von Hessen nach Bayern verlegte, von der Fotografin Regina Recht durch ihren Tag begleitet. Den Betrachter*innen werden Momente aus dem Alltag einer Frau gezeigt, die routiniert darin ist, sich würdevoll dem Älterwerden und der nachlassenden Gesundheit zu stellen.

Auch Jakob Schmitt war 24 Stunden lang in Bad Füssing unterwegs. In spärlich bevölkerten Stadtansichten zeigt er einen Ort, der sich völlig seiner Funktion als Kurstätte verschrieben hat. Zwischen Thermen und Springbrunnen blitzt auf, was ein wichtiges Standbein der bayrischen Wirtschaft ausmacht – der Tourismus.

Gottfried Kellers Romantitel »Kleider machen Leute« findet in Franziska Schrödingers Alltagsbeobachtungen eine erweiterte Gültigkeit. Nicht um Haute-Couture geht es in »Szenen aus Oberbayern«, sondern um die Identifikation mit dem eigenen Arbeitsplatz und die Verschränkung zwischen Beruflichem und Privatem. Schrödinger tastet in filmischen Bildsequenzen Lebenswelten und -orte ab, deren Protagonist*innen nicht zwischen einem Arbeits- und einem Freizeit-Ich unterscheiden.

23. Juni bis 7. Juli 2022
Passt Scho
Eine Ausstellung der Friedrich-Ebert-Stiftung Bayern

Mit Arbeiten von Simon Sola Holischka, Magdalena Jooss, Regina Recht, Jakob Schmitt und Franziska Schrödinger

Vernissage am 23. Juni 2022 um 18 Uhr,  18 bis 20 Uhr Künstler*innengespräch

Knödelplatz, Werksviertel-Mitte
Speicherstraße 7, 81671 München
www.fes.de/fes-in-bayern/angebote-ausstellungen/ausstellung-passt-scho