Stellungnahme FREELENS
Die geplanten Steuervergünstigungen im Rahmen der Aktivrente ausschließlich für Arbeitnehmer*innen sind ein Schlag ins Gesicht aller Selbstständigen – und für uns freie Fotograf*innen eine besonders bittere Pille.
Nach dem derzeitigen Konzept sollen Rentner*innen, die nach Erreichen des gesetzlichen Rentenalters freiwillig weiterarbeiten, bis zu 2.000 Euro pro Monat (24.000 Euro jährlich) steuerfrei hinzuverdienen dürfen. Das gilt jedoch nur für Rentner*innen, die vor dem Eintritt in die Rente Angestellte waren. An Selbstständigen, die nach dem Erreichen des Rentenalters weiterarbeiten, zeigt der Staat offenbar kein Interesse, oder er geht davon aus, dass Selbstständige dies auch ohne weiteren Anreiz tun. Eine solche Ungleichbehandlung ist aber in keiner Weise gerechtfertigt.
Selbstständige haben in der Wirtschaft eine wichtige Funktion: Sie bieten oft hochspezialisierte Leistungen an, die von Unternehmen nicht dauerhaft benötigt werden. Sie sind innovativ und extrem flexibel. Sie arbeiten mit hohem Einsatz und auf eigenes Risiko. Dennoch werden sie häufig benachteiligt. Es ist also nicht verwunderlich, dass junge Menschen immer seltener den Weg in die Selbstständigkeit wählen.
In der Fotografie erleben wir seit Jahren eine Stagnation der Honorare und Einkommen, insbesondere im Fotojournalismus: Honorare wurden eingefroren; wenn es Erhöhungen gab, haben sie die Inflation nicht annähernd ausgeglichen. Wer heute für die Medien arbeitet, muss immer mehr Rechte abtreten, immer schneller liefern, erhält dafür immer weniger Wertschätzung und finanzielle Sicherheit. Das ist kein nachhaltiges Geschäftsmodell, sondern eine schleichende Entwertung fotojournalistischer und journalistischer Arbeit.
Auch in der Werbe- und Corporate-Fotografie sieht es düster aus. Budgets werden von Unternehmen und Agenturen gekürzt, Produktionen gestrichen, Aufträge nach unten verhandelt. Was einmal ein solides Standbein für viele Kolleg*innen war, ist heute von permanenter Unsicherheit geprägt. Wir tragen das volle wirtschaftliche Risiko, investieren in Equipment, Weiterbildung und Infrastruktur und bleiben dennoch die Verlierer*innen einer (Firmen-)Politik, die unser Schaffen nicht ausreichend wertschätzt.
Und während all das geschieht, rollt bereits die nächste Welle an: generative Künstliche Intelligenz. Immer mehr Auftraggeber*innen setzen auf Bildgeneratoren, die zwar ohne Erlaubnis und Honorierung mit unseren Werken trainiert wurden, aber finanziell gehen die Fotograf*innen leer aus. Bilder werden generiert, ohne soziale Absicherung der Urheber*innen, ohne künstlerische Haltung, ohne authentische Werke zu sein. Immer mehr Kolleg*innen spüren, dass Aufträge ausbleiben, weil Kund*innen auf Knopfdruck Bilder generieren. Das ist nicht nur ein Angriff auf unseren Berufsstand, sondern auf die kulturelle Vielfalt und die dokumentarische Wahrhaftigkeit in unserer Gesellschaft.
Dass wir und alle anderen Selbstständigen in dieser Lage von staatlichen Unterstützungs- und Vorsorgemodellen ausgeschlossen werden sollen, ist zynisch. Wir leisten den gleichen Beitrag wie Arbeitnehmer*innen: Wir zahlen Steuern und Abgaben, wir zahlen als Mitglieder der Künstlersozialversicherung in die staatliche Rentenversicherung ein. Darüber hinaus gehen wir ein unternehmerisches Risiko ein und sichern mit unserer Kreativität und Professionalität Arbeitsplätze in Redaktionen, Agenturen und Unternehmen. Wir tragen zur Meinungsfreiheit, zu kultureller Identität und zu wirtschaftlicher Wertschöpfung bei.
Trotzdem sollen wir hier systematisch benachteiligt werden.
Wir sagen klar: Das akzeptieren wir nicht! Wir fordern gleiche Rechte und gleiche Chancen. Eine Aktivrente darf nicht exklusiv für Arbeitnehmer*innen und Beamt*innen gelten, sie muss auch Rentner*innen offenstehen, die selbstständig sind. Wer uns ausschließt, verkennt die Realität der Arbeitswelt und verspielt das Vertrauen aller Selbstständigen.
Es ist höchste Zeit, dass die Politik versteht: Selbstständige Fotograf*innen sind keine Randerscheinung. Gerade sie sind unverzichtbar für eine freie Presse, für kulturelle Vielfalt, für die kreative Wirtschaft. Wer uns schwächt, schwächt die Demokratie und die Gesellschaft insgesamt.
Wir unterstützen die Forderungen des Verbandes der Gründer und Selbständigen Deutschland e.V., VGSD.