Wie nutzen Bildredakteur*innen Social Media?
TEXT – SUSANNE KRIEG
In den meisten Medienberufen gehören Facebook und Instagram heute zum Alltag. Doch welche Rolle spielen diese Plattformen speziell für Bildredakteur*innen? Wie und wo recherchieren sie, wem folgen sie? Und: Erwarten sie von Fotograf*innen, dass sie auf sozialen Netzwerken präsent sind?
Um mehr über dieses Thema zu erfahren, haben wir eine Online-Umfrage gestartet und ausgewertet. Dabei erheben die Ergebnisse keinesfalls den Anspruch, ein umfassendes Bild abzugeben. Dennoch glauben wir, dass sie einen recht guten Eindruck davon vermitteln, wie wichtig insbesondere Facebook und Instagram für Bildredaktionen geworden sind.
Die überwiegende Mehrheit der insgesamt neun befragten Bildredakteur*innen gibt an, diese beiden Plattformen häufig zu nutzen – zum einen, um mit Fotograf*innen Kontakt aufzunehmen und sich über deren aktuelle Projekte auf dem Laufenden zu halten, aber auch, um z.B. gezielt nach Themen und Bildern zu suchen. Eine Präsenz auf diesen Kanälen könnte demnach wohl vor allem Fotograf*innen zu mehr Sichtbarkeit verhelfen, die noch am Anfang ihrer Karriere stehen.
Zudem scheint es für die Auftragsvergabe mitunter durchaus von Vorteil zu sein, wenn man sich neben der klassischen Reportage- und News-Fotografie auch mit der Bildsprache auf sozialen Medien auskennt – das etwa geht aus dem Interview mit Kirstie Kinley, Bildredakteurin bei Greenpeace, hervor.
Doch bevor wir nun näher auf die Ergebnisse unserer Umfrage zu sprechen kommen, möchten wir uns erst einmal bei all jenen bedanken, die an unserer Umfrage teilgenommen haben: Corinna Thiel (Bildchefin Handelsblatt), Markus Seewald (freier Bildredakteur), Stefan A. Runne, (stellvertretender Leiter der Fotoredaktion Die Welt und Welt am Sonntag), Peter Raffelt (Fotoredakteur Die Welt), Martin Richter (Bildredakteur Manager Magazin), Guido Schmidtke (Bildredakteur Stern), Jutta Schein (Bild–Koordinatorin Die Zeit), Lars Lindemann (Fotochef GEO Magazin) und Kirstie Kinley (Bildredakteurin Greenpeace e.V.). Die beiden letzteren haben wir dabei sogar noch einmal ausführlicher zu ihren Gepflogenheiten befragen dürfen.
Bildredaktionen und die Plattform Instagram
Insgesamt sieben von neun Bildredakteur*innen kennen und nutzen die Fotoapp Instagram, bei immerhin fünf von ihnen kommt sie zudem beruflich zum Einsatz. Lediglich zwei der Befragten gaben an, die App so gut wie gar nicht zu gebrauchen. Die übrigen verwenden sie besonders häufig, um z.B. mit Fotografen im Kontakt zu bleiben und zu wissen, wo diese sich gerade befinden bzw. was sie machen.
Fünf Redakteur*innen dient Instagram zudem als eine willkommene Quelle der Inspiration. Jeweils vier recherchieren auf der App gezielt nach Themen, neuen Fotograf*innen oder stellen in der Tat über die App einen ersten Kontakt zu letzteren her. Einige nutzen Instagram auch, um Bilder zu vorgegebenen Themen zu finden und geben an, bereits mehrere Fotos durch Instagram in ihrem jeweiligen Medium publiziert zu haben. Insgesamt vier Fotoredakteure haben dabei auf Instagram tatsächlich schon neue Fotografen entdeckt. Einmal wurde auch ein Auftrag vergeben, was vermutlich in Zukunft noch häufiger geschehen wird.
Nicht zuletzt ist eine große Mehrheit von acht Teilnehmern dabei der Meinung, dass man als Fotograf unbedingt auf Instagram präsent sein sollte. Begründungen lauten etwa, dass man sich den veränderten Lese- und Sehgewohnheiten anpassen müsse oder dass die Plattform die Möglichkeit biete, ein größeres Publikum zu erreichen und Feedback zu bekommen. Gefolgt wird u.a. Fotografen wie Uwe H. Martin, Sarker Protick, Magdalena Wywrot, Alec Soth oder Matt Black.
Privat nutzen acht der an unserer Umfrage beteiligten neun Fotoredakteure die Mutter aller sozialen Netzwerke. Sechs geben dabei an, sie auch beruflich im Einsatz zu haben. Ähnlich wie Instagram dient die Plattform auch hier überwiegend dazu, mit Fotografen in Kontakt zu bleiben. Sechs Bildredakteure geben an, über Facebook neue Kontakte herzustellen, vier halten sich auf dem Netzwerk über Trends oder Branchennews bzw. Debatten auf dem Laufenden.
Um nach neuen Fotografen zu suchen, werde neben Facebook (und Instagram) aber auch auf die webbasierte Plattform Blink zurückgegriffen. Immerhin vier Teilnehmer haben nach eigenen Aussagen schon ein oder mehrere Fotos über Facebook entdeckt, erworben und in ihrem jeweiligen Medium publiziert. Genauso viele sind durch Facebook auf neue Fotografen aufmerksam geworden, zwei haben über das Netzwerk erstmalig Aufträge an neue Fotografen vergeben.
Schließlich ist die überwiegende Mehrheit der Teilnehmer, nämlich sieben, der Meinung, dass Fotografen heutzutage nicht nur auf Instagram, sondern auch auf Facebook aktiv sein sollten. Auch hier wird also deutlich, dass Bildredaktionen von Fotograf*innen zunehmend erwarten, dass sie auf Facebook präsent sind und sich über die Plattform mitteilen.
Lars Lindemann, Fotochef GEO Magazin
»Ich glaube, dass ein einzigartiges Werk auch die nötige Aufmerksamkeit bekommt, ohne dass ein Fotograf dafür unbedingt auf Social Media aktiv werden muss. Wenn eine Arbeit wirklich herausragend ist, werden andere das Bekanntmachen schon für ihn übernehmen.«
»Soziale Netzwerke haben zwar ihre Vorteile – doch am Ende geht für mich nichts über den persönlichen Kontakt. Es gibt Begegnungen mit Fotografen, die haben sich dauerhaft bei mir eingebrannt – und das können keine zehn Jahre Social-Media-Aktivität bewirken. Darum gehen wir viel auf Foto-Festivals. Dort treffen wir Fotografen, um sie und ihre Arbeiten persönlich kennenzulernen.«
»Man muss sich sehr bewusst darüber sein, was man postet, liked und kommentiert, egal, ob als Bildredakteur oder als Fotograf. Dabei sollte man sich immer wieder ins Bewusstsein rufen, dass es einfach alle Welt mitbekommen kann, sobald man keine entsprechenden Vorkehrungen getroffen hat – eben auch jene Menschen, mit denen man beruflich zusammenarbeitet. Manchmal genügt ein unbedachtes Like, um ein ungewolltes Bild seiner selbst zu erzeugen.«
Kirstie Kinley, Fotoredakteurin bei Greenpeace e.V.
»Soziale Netzwerke spielen zum Beispiel bei Greenpeace-Kampagnen eine wichtige Rolle, denn auf ihnen finden sie zu einem Großteil statt. Unsere Social-Media-Campaigner brauchen dabei beständig visuellen Stoff, mit dem sie die Greenpeace-Kanäle Twitter, Facebook und Instagram füttern können.«
»Tatsächlich ist Greenpeace momentan auf der Suche nach neuen Fotografen, die sich neben klassischer Reportage- und News-Fotografie auch mit der Bildsprache auf sozialen Kanälen auskennen. Bei potentiellen Kandidaten schauen wir natürlich, ob sie eigene Profile auf einschlägigen Kanälen wie Instagram und Facebook betreiben. So wissen wir, ob sie sich mit dem Thema Social Media beschäftigen. Relevant ist dabei nicht, wie viele Follower sie haben, sondern ob sie zu Greenpeace passen.
»Für Facebook benötigen wir eher dynamische Fotos, hier zeigen wir zudem häufig Menschen, an die der Fotograf dann nah herangehen sollte. Außerdem ist es von Vorteil, wenn er sich mit den Formaten auskennt, die je nach sozialem Netzwerk unterschiedlich sind. Wenn er ein Motiv fotografiert, dann muss er das manchmal in verschiedenen Versionen tun, damit wir es sowohl auf unserer Website verwenden, aber auch auf Twitter, Facebook und Instagram posten können.«
»Ich nutze Instagram im Berufsalltag nicht nur, um neue Fotografen zu entdecken, sondern auch, um mich inspirieren zu lassen. Hier suche ich nach Ideen, wie man spezielle Themen in Szene setzen könnte. Fleisch ist so ein Fall, zu dem wir derzeit eine neue Kampagne laufen haben. Wir fragen uns dabei, wie wir Fotos produzieren können, auf die die Leute besonders anspringen. Für den Bereich Food bietet sich Instagram geradezu an. Wenn man wissen will, wie sich die Welt derzeit visuell mit dem Thema Essen auseinandersetzt, ist Instagram eine ideale Quelle.«
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Susanne Krieg
Journalistin mit einer Leidenschaft für multimediale Inhalte. Nach über zehn Jahren als GEO-Redakteurin arbeitet die inzwischen zertifizierte Social-Media-Managerin als Texterin und Dozentin für crossmediale Themen.
www.susanne-krieg.de