Zur Bedeutung des Presseausweises
Text – Dr. Jasper Prigge
Für viele Journalist*innen ist der Presseausweis ein unverzichtbares Arbeitsmittel. In der Praxis bestehen aber mitunter Unsicherheiten, welche Rechte sich aus diesem gegenüber Behörden oder Unternehmen ergeben. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die rechtlichen Grundlagen und erläutert, wann der Presseausweis für die Recherche eingesetzt werden kann.
Bedeutung des Presseausweises
Die Presse erfüllt, wie die Pressegesetze der Länder es formulieren, eine öffentliche Aufgabe. Anerkannt ist, dass Behörden wie die Polizei oder die Feuerwehr die journalistische Tätigkeit in gewissem Umfang unterstützen sollen. Aus der Pressefreiheit nach Artikel 5 des Grundgesetzes kann sich z. B. ein Zugang zu abgesperrten Bereichen oder zu behördlichen Informationen ergeben. Damit stehen die Behörden aber auch vor der Schwierigkeit, dass sie im Einzelfall entscheiden müssen, ob es sich bei der Person, die ihr gegenüber steht, tatsächlich um eine Journalistin bzw. einen Journalisten handelt.
Der Presseausweis soll den Nachweis der journalistischen Tätigkeit erleichtern, indem er eine aufwändige „Beweisführung“, beispielsweise durch die Vorlage einer Bestätigung der Redaktion oder von Veröffentlichungen, überflüssig macht. Damit ist der Presseausweis in erster Linie ein Arbeitsmittel, nicht aber eine Voraussetzung, um journalistische Rechte geltend machen zu können. Einen Presseausweis zu haben sagt also noch nichts darüber aus, wie sich die Behörde in einer konkreten Situation gegenüber Journalist*innen zu verhalten hat.
Was der bundeseinheitliche Presseausweis aussagt
Es gibt kein Gesetz, das die Ausgabe von Presseausweisen regelt. Der Begriff „Presseausweis“ ist auch nicht geschützt (VG Düsseldorf, Urteil vom 19.09.2004 – 1 K 1651/01). Genauso wie sich jede*r als Journalist*in bezeichnen kann, darf man sich einen eigenen Presseausweis drucken oder im Internet kaufen. Unzulässig ist das erst, wenn der falsche Eindruck erweckt wird, er stamme von bestimmten Verbänden oder sei anerkannt.
Der Grund für die fehlenden Regelungen ist, dass die Pressefreiheit eine Freiheit der Presse vom Staat garantiert. Damit unvereinbar wäre es, wenn der Staat entscheiden dürfte, unter welchen Voraussetzungen ein Presseausweis ausgestellt wird. Denn auf diese Weise könnte der Staat einen Einfluss darauf nehmen, wie Journalist*innen ihren Job machen – und gegebenenfalls kritische Recherchen erschweren.
Gerade weil sich heute jede*r online einen Presseausweis besorgen kann, bedeutet dies nicht, dass die Behörden sie einfach blind akzeptieren müssten. Der Vorteil des bundeseinheitlichen Presseausweises liegt hier darin, dass die ausgebenden Verbände über den Deutschen Presserat in einer Vereinbarung mit der Innenministerkonferenz ( https://www.presserat.de/files/presserat/dokumente/presseausweis/Vereinbarung_und_Selbstverpflichtung.pdf ) niedergelegt haben, unter welchen Voraussetzungen sie ihn an ihre Mitglieder ausgeben. Durch diese „Selbstkontrolle“ der ausgebenden Verbände ist sichergestellt, dass Behörden dem bundeseinheitlichen Presseausweis ein gewisses Vertrauen entgegenbringen können. Wird er vorgelegt, wird eine Behörde kaum mit Erfolg argumentieren können, die betreffende Person sei nicht Journalist*in.

Wie der Presseausweis richtig eingesetzt wird
Der Presseausweis kann also vor allem dann helfen, wenn die journalistische Tätigkeit nachgewiesen werden soll. Er ersetzt aber nicht gute Argumente, wenn unterschiedliche Auffassungen darüber bestehen, auf welche Rechte sich Journalist*innen sich berufen können. In diesem Fall mit dem Ausweis zu wedeln, ist kein Ersatz für ein gutes Argument. Im Gegenteil, ein solches Verhalten kann langfristig die notwendige Akzeptanz von Presseausweisen beschädigen.
Jorunalist*innen sollten sich daher mit den rechtlichen Grundlagen ihres Berufs vertraut machen ( https://www.prigge-recht.de/basiswissen-fuer-journalist-innen-stellung-und-aufgaben-der-presse/ ). Wer in der Auseinandersetzung mit einer Behörde souverän argumentiert, kommt eher ans Ziel. Oft genügt es bereits, die Beamt*innen daran zu erinnern, dass ihr Handeln rechtlich erheblich und gerichtlich überprüfbar ist („Könnten Sie mir Ihre Ermessensausübung bitte konkret begründen?“). In anderen Fällen kann es helfen, Stichworte („Gleichbehandlungsgrundsatz“, „Ermessensfehlgebrauch“) an der richtigen Stelle fallen zu lassen.
Generell ist wichtig zu wissen, dass Journalist*innen im Allgemeinen keine „Sonderrechte“ geltend machen können. Für sie gelten dieselben Regeln wie für alle anderen Privatpersonen auch. Behörden sind allerdings gehalten, bei ihrer Arbeit die Pressefreiheit zu gewährleisten. Journalist*innen können insbesondere Gleichbehandlung verlangen, sie dürfen im Vergleich zu anderen Privatpersonen wie auch gegenüber anderen Medienschaffenden nicht benachteiligt werden.
Nehmen wir als Beispiel die Absperrung einer Straße anlässlich einer Demonstration. Dürfen Passant*innen oder Anwohner*innen diese passieren, wird die Behörde keinen Grund anführen können, warum die journalistische Berichterstattung in diesem Bereich nicht gewährleistet werden kann. Ist die Straße hingegen für alle gesperrt, muss die Behörde begründen, warum auch Journalist*innen ein Zugang nicht gestattet werden kann. An dieser Stelle ist der Zweck der Sperrung mit dem Grundrecht auf Pressefreiheit abzuwägen. Das Ergebnis dieser Abwägung ist aber vom Einzelfall abhängig. Ein Presseausweis kann den Beamt*innen an dieser Stelle auch vor Augen führen, dass sie der Presse bei der Ausübung ihrer Tätigkeit im Rahmen des Möglichen einen ausreichenden Raum geben müssen.
Ein anderes Beispiel ist der Zugang zu einer öffentlichen Veranstaltung. An dieser Stelle gilt, dass ein Zugang von den Veranstalter*innen bestimmt werden kann. Bei staatlichen Veranstaltungen gilt, dass wenn ein Zugang allgemein gewährt wird, auch die Presse anwesend sein darf, allerdings in der Regel nur im Rahmen der bestehenden Kapazitäten. Muss die Behörde eine Auswahl treffen, welche Journalist*innen zugelassen werden, so muss das Auswahlverfahren den Grundsatz der Gleichbehandlung wahren. Sie darf also nicht bestimmte Medien bevorzugen, sondern muss eine Zulassung entsprechend des von ihr gewählten Verfahrens vornehmen. Welche Schwierigkeiten damit verbunden sind, hat die Vergabe von Presseplätzen vor dem Beginn des NSU-Verfahrens ( https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2013/04/rk20130412_1bvr099013.html ) gezeigt. Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass ausländischen Medien mit besonderem Bezug zu den Opfern der angeklagten Taten eine angemessene Zahl an Plätzen zu gewähren waren.
Private Veranstalter*innen sind nicht unmittelbar an die Pressefreiheit gebunden. Dennoch unterliegen aus sie in besonderen Fällen gewissen Bindungen. So bestimmen die Versammlungsgesetze, dass Pressevertreter*innen aus einer öffentlichen Veranstaltung nicht ausgeschlossen werden können. Handelt es sich um eine politische Partei, entspricht es mittlerweile allgemeiner Auffassung, dass Journalist*innen ein Zugang zu gewähren ist. Bei kommerziellen Veranstaltungen, beispielsweise Konzerten, kann verlangt werden, dass eine reguläre Eintrittskarte erworben wird.
Dr. Jasper Prigge ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht in Düsseldorf. Er ist Mitglied des Ausschusses für Medienrecht der Bundesrechtsanwaltskammer. Neben der anwaltlichen Beratung ist er in der journalistischen Aus- und Weiterbildung aktiv.
Infos zu seiner Arbeit: https://twitter.com/jasperprigge