Facebook darf IPTC-Daten nicht löschen
Das Urteil des Landgerichts Hamburg (Az. 308 O 39/17) ist nach Rücknahme der Berufung rechtskräftig: Facebook darf die IPTC-Daten in hochgeladenen Bilddateien nicht löschen.
Ein Berliner Berufsfotograf hatte mit Unterstützung von FREELENS geklagt, weil Facebook beim Upload-Prozess seiner Fotografien auf facebook.com automatisiert seine in den Bilddateien eingetragenen IPTC-Daten löscht. Gelöscht wurden auf diese Weise die Angaben zu Telefonnummer, E-Mail-Adresse und Homepage des Fotografen sowie der mit »geschützt« angegebene Copyright-Status des Bildes. Den Copyright-Status ersetzte Facebook durch die Angabe »unbekannt«.
Das Landgericht gab dem Kläger Recht und sah die gelöschten Informationen (Telefonnummer, E-Mail-Adresse, Homepage und Copyright-Status) als urhebergesetzlich besonders geschützte Informationen für die Rechtewahrnehmung an (§ 95c UrhG), die Löschpraxis von Facebook als unzulässig.
Zitat aus dem Urteil, S. 22:
»Alle drei Informationen [Telefonnummer, E-Mail-Adresse, Homepage – Anm. des Autors] fallen vom Wortlaut her zwar nicht unter § 95c Abs. 2 UrhG. Der Sinn und Zweck der Vorschrift gebietet es aber, Telefonnummer, Homepage sowie E-Mail-Adresse unter § 95c Abs. 2 UrhG zu fassen. Über diese Vorschrift soll die Vermarktung von Werken erleichtert bzw. sichergestellt werden (vgl. Götting, in: Schricker/Loewenheim, 5. Auflage 2017, § 95c, Rn. 2). Jeder, der Nutzungsrechte an dem Werk erwerben möchte, soll ohne große Anstrengungen den Urheber kontaktieren können. Hürden bei der Kontaktaufnahme erhöhten die Gefahr, dass Nutzer das Werk ohne Einholung einer Lizenz nutzen; nicht unbedingt, weil sie die Rechte des Urhebers missachteten, sondern weil ihnen die Ermittlung des Urhebers zu aufwendig oder gar unmöglich ist. Allein ein Name hilft dem potentiellen Lizenznehmer in der Regel wenig. Er benötigt auch Kontaktdaten, um mit dem Rechteinhaber für eine Lizenzierung in Kontakt treten zu können. Diese könnte er sich zwar auch anderweitig zu besorgen versuchen. Dies ist jedoch mit einem erhöhten Aufwand verbunden, den Nutzer scheuen mögen und dann lieber das Werk ohne Zustimmung des Urhebers nutzen. Derartiges soll § 95c UrhG verhindern.«
Auch die IPTC-Rubrik »Copyright-Status« hat das Gericht als eine maßgebliche Information zur Rechtewahrnehmung eingestuft.
Zitat aus dem Urteil, S. 23:
»Der Copyright-Status gehört zu den »Informationen, … die Werke identifizieren« i. S. d. § 95c Abs. 2 UrhG. Denn mit diesem Feld wird angezeigt, ob das Bild rechtlich geschützt ist. Aufgrund der Vermeidung von Doppelinformationen (s.o.) mag erwogen werden, in der Veränderung des Copyright-Status von ›Durch Copyright geschützt‹ auf ›Unbekannt‹ deswegen keinen Rechtsverstoß zu sehen, weil in dem Feld ›Beschreibung‹ vor dem Namen des Beklagten das Copyright-Zeichen (c) vermerkt ist. Der Markt sieht also, dass das Bild geschützt ist.«
Das Landgericht kam zu dem Ergebnis, dass Facebook die Löschung der Informationen wissentlich, mithin vorsätzlich vornahm, da es die entsprechende Software unterhält. Das Landgericht hält auch die Kontrolle der Metadaten der Bilddateien für Facebook nicht für unzumutbar.
Facebook muss daher künftig die Entfernung und Veränderung der IPTC-Daten unterlassen.
»Wir sind mit dem Urteil des Landgerichts Hamburg sehr zufrieden«, so Dr. Sebastian Rengshausen (UNVERZAGT Rechtsanwälte, Hamburg). »Der Senat des Hanseatischen Oberlandesgerichtes hatte in der mündlichen Verhandlung zu erkennen gegeben, dass er jedenfalls keine Rechtfertigungsgründe für die Entfernung und Veränderung der Daten im Sinne des § 95c UrhG sieht. Mit der Rücknahme der Berufung durch Facebook sollte ganz offensichtlich ein bestätigendes Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichtes vermieden werden.
Das Urteil bestätigt und konkretisiert die obergerichtliche Rechtsprechung, zuletzt OLG Köln Urteil v. 20.01.2017, Az. I-6 105/16 zur Auslegung der urhebergesetzlich besonders geschützten Informationen für die Rechtewahrnehmung. Das Urteil, das in Bezug auf drei vom Kläger konkret benannte Bilddateien erging, ist übertragbar auf die Löschpraxis der IPTC-Daten insgesamt. Die Entscheidung ist insofern auch übertragbar auf sämtliche Social-Media-Plattformen, für die gerade erst am 01.08.2021 das Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz (UrhDaG) in Kraft getreten ist.
Die Entscheidung bringt den Fotograf:innen die erforderliche Rechtssicherheit, die bei der digitalen Vermarktung und Verwertung ihrer Rechte unerlässlich ist.«