Magazin #22

Zielgruppe: Fotografen

Viele Fachbücher sind von Fachleuten für Fachleute geschrieben. Anders Wolfgang Pfaffe – ihm gelingt ein anschaulicher Brückenschlag zwischen Theorie und Praxis. 

Text – Karl Johaentges

Es gibt sicherlich Photoshop-Bücher, die umfassender und womöglich tiefer in dieses unendlich gefächerte Programm eintauchen. Aber Digitale Bildbearbeitung für Fotografen von Wolfgang Pfaffe wendet sich nicht an Photoshop-Nutzer wie Grafiker, Webdesigner, Lithografen – Zielgruppe sind wir Fotografen.

Der sehr luftig gestaltete Band orientiert sich am Photoshop CS und ist wie ein Workshop aufgebaut. Gegliedert in vier Kapitel, beginnt er mit dem Fundament: Grundbegriffe und das Einrichten einer Fotografen-Werkbank. Es folgen Kapitel über Werkzeugkombinationen und – besonders wichtig – Colormanagement. Im Anhang finden sich Tipps zu Dateiformaten und Speicherzuteilung.

Was dieses Fachbuch heraushebt aus der Vielzahl der Photoshop-Bücher ist neben den didaktischen Qualitäten der Darstellungsweise auch das grafische Konzept, das eine fast spielerische, visuelle Annäherung erlaubt.

Dank einer herausragenden Druckqualität gewinnt die Theorie visuell überzeugend Gestalt. »Selektive Farbkorrektur«, »Unscharfmaskieren« oder »Kontrastoptimierung im Schatten«: All das wird nicht nur anschaulich erklärt, sondern man sieht auch die feinsten Unterschiede und Farbnuancen – gedruckt auf Papier, gutem Papier – Farbe auf Farbe. Was kommt raus und warum? Einige Seiten und Ausklapper sind sogar mit Sonderfarben gedruckt, um die Grenzen des Offsetdrucks oder unterschiedlicher Farbräume anschaulich vorzuführen.

Bemerkenswert erscheint mir, dass sich nicht nur Colormanagement-Anfänger wie ich von Pfaffes Standardwerk angesprochen fühlen. Auch meine Freunde aus der Generation der Fotostudenten – für die Colormanagement auf dem Stundenplan steht – sind begeistert. Denn die Aussagen sind präzise.

In der oft hochtheoretisch geführten Fachdiskussion der Colormanagement-Profis mögen Pfaffes vereinfachende Darstellungen (zu seinem Stil vgl. FREELENS magazin # 21, S. 20ff.) auf Kritik stoßen. Aber sie treffen genau den Punkt und machen Konsequenzen für die Bildqualität klar. Ich bin kein Lithograf oder Grafiker – ich benötige Hilfestellung als Fotograf.

Was nützen dreidimensionale Gittergrafiken und die arg theoretische Diskussion über schlechte und gute Farbräume, wenn diese oft minimalen Unterschiede in der Praxis kaum zum Tragen kommen? (wo, das verrät Pfaffe auch). Und noch erschreckender: Wenn nur die wenigsten (und teuersten) Monitore diese hochgelobten Farbräume überhaupt darstellen können, dann wird die kleinste Farbkorrektur zum Blindflug – und all das Gelernte hinfällig. Nach der Lektüre des Kapitels über Farbmanagement habe ich mir umgehend einen neuen, hardware-kalibrierbaren Monitor gekauft. Der kann zwar Adobe-RGB immer noch nicht korrekt erkennen, bietet aber mehr Sicherheit als mein alter.

Wichtig für meine Praxis ist, dass der digitale Workflow stimmt, dass ich sicher und zeitsparend Fotos optimieren lerne und – sehr wichtig! – nichts für die nachfolgenden Bearbeiter kaputt mache. Und genau dieses fotografenspezifische Wissen vermittelt Wolfgang Pfaffe.

Obwohl ich noch nicht alles verinnerlicht habe: So nah war ich dem Verständnis digitalen Colormanagements und mei nes geliebten Photoshop CS noch nie.

Wolfgang Pfaffe
Digitale Bildbearbeitung für Fotografen
Heidelberg: Springer 2005.
300 S., über 400 Abb. + Lern-DVD 59,95 Euro. – Der Band wurde mit dem Deutschen Fotobuchpreis 2005 ausgezeichnet.

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Karl Johaentges
ist seit 20 Jahren als Fotograf tätig, gründete einen eigenen Verlag (KaJo) und arbeitet hauptsächlich an Bildbandproduktionen und Reisereportagen. Gündungsmitglied von LOOK.