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Panoramafreiheit


Fotografieren im öffentlichen Raum – das trifft häufiger auf Ansprüche und Einschränkungen von Anrainern und Künstlern. Doch es gibt eine Freiheit, urheberrechtlich geschützte Gegenstände von öffentlichen Wegen aus abzubilden.

Text – Dirk Feldmann

Architektonisch interessante Gebäude sowie Kunstwerke werden von Fotografen gern als Hintergrund oder wesentliches Objekt einer Aufnahme genutzt. In diesen Fällen stellt sich regelmäßig die Frage, ob der Eigentümer des aufgenommenen Gegenstandes vor der Veröffentlichung der Aufnahme seine Genehmigung hierzu erteilen muss. Problematisch ist dies tatsächlich bei allen Gebäuden, aber auch Denkmälern oder sonstigen Kunstobjekten, auf die ein Urheber Rechtsansprüche erheben kann. Damit stehen zunächst einmal alle Bauten und Kunstobjekte außerhalb des Urheberrechtsschutzes, bei denen dieser abgelaufen ist, weil der Urheber länger als siebzig Jahre verstorben ist. Den Kölner Dom kann also jeder ohne Bedenken fotografieren.

Bei jüngeren Objekten ist zu prüfen, ob sie als urheberrechtlich geschützt anzusehen sind. Bei einem Reihenhaus wird dies in der Regel nicht der Fall sein, bei der Plastik eines unbekannten Künstlers meist schon. Die Gebäude bekannter Architekten sind auf jeden Fall urheberrechtlich geschützt. Im Zweifel ist davon auszugehen, dass bei derartigen Objekten eine kreative Leistung zugrunde liegt, die für das Entstehen eines urheberrechtlich geschützten Werkes Voraussetzung ist.

Grundsätzlich dürfen Aufnahmen von derartigen Objekten nur mit der Genehmigung des Rechteinhabers veröffentlicht werden. Von dieser Regel schafft § 59 UrhG eine bedeutende Ausnahme: Danach dürfen die Aufnahmen der »Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden«, ohne Weiteres verbreitet werden. Der Rechtsgedanke dahinter ist, dass ein Kunstwerk, das der Künstler dem öffentlichen Blick dauerhaft preisgibt, insoweit keinen besonderen Schutz genießen kann.

Dies bedeutet aber gleichzeitig, dass die Veröffentlichungsfreiheit sich ausschließlich auf Aufnahmen erstreckt, die von öffentlichem Grund und Boden erstellt worden sind, also von einem Platz, Bürgersteig oder einer Straße. Das Betreten eines privaten Grundstücksbereichs macht die Verwendung der Aufnahme bei fehlender Genehmigung unzulässig. Dabei kommt es nicht darauf an, ob das Grundstück des Gebäudeeigentümers betreten wird, die Aufnahme von einem Nachbargrundstück aus oder zum Beispiel aus den abgesperrten Dünen heraus angefertigt wird. Jeder dieser Blickwinkel entspricht nicht demjenigen, den jedermann jederzeit im öffentlichen Raum einnehmen kann.

Hierzu gehört daher auch weder das Dach eines zu Öffnungszeiten allgemein zugänglichen Gebäudes noch der Innenbereich eines Gebäudes (zum Beispiel Bahnhofshalle). Ebenso wird die Verwendung der Aufnahme unzulässig, wenn sie mit Hilfsmitteln wie zum Beispiel einem starkem Teleobjektiv oder einer Leiter erstellt wird, um Hindernisse wie große Entfernung von der Straße oder Abschirmung durch Hecken zu umgehen.

Wenn jedoch die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind und die Aufnahmen von öffentlichem Grund und Boden aus erstellt werden, dann können sie sowohl redaktionell als auch werblich eingesetzt werden, ohne dass die Genehmigung des Urhebers eingeholt werden muss. Die Fotografien berühmter Gebäude oder von Kunstwerken im öffentlichen Raum können dann auch für zum Beispiel einen Maklerprospekt oder Produktwerbung verwendet werden.

Eine besondere Einschränkung gilt es allerdings zu beachten: Nur wenn das Kunstwerk »bleibend« installiert ist, darf die Aufnahme genehmigungsfrei verwendet werden. Nur vorübergehend angebrachte Plakate, Schilder und Kunstwerke sind also auch dann geschützt. wenn sie sich im öffentlichen Raum befinden. Deswegen dürfen Aufnahmen von dem 14 Tage lang verhüllten Reichstag eben nicht ohne Genehmigung der Künstler veröffentlicht werden. Gleiches gilt zum Beispiel für vorübergehend angebrachte Werbung und zeitweilige künstlerische Lichtgestaltung. Der genannte § 59 UrhG gilt in dieser Form nur in Deutschland. Die gesetzlichen Regelungen in anderen Staaten sind leider nicht einheitlich. Häufig finden sich weitergehende Einschränkungen der Panoramafreiheit. Insoweit sollte vor Reiseantritt jeweils eine Klärung der aktuellen Gesetzeslage erfolgen.

Nicht unerwähnt bleiben sollte, dass die Panoramafreiheit auch nicht bedeutet, dass dadurch die Persönlichkeitsrechte zum Beispiel der Bewohner eines Gebäudes aufgehoben werden. Deren Recht am eigenen Bild geht grundsätzlich der Panoramafreiheit vor.

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Dirk Feldmann
ist seit 25 Jahren als Anwalt tätig und hat sich auf medienrechtliche Fälle spezialisiert. Er berät den FREELENS-Vorstand bei dessen Tätigkeit. Vereinsmitglieder können bei ihm kostenlos Rat einholen.