In memoriam Reinhard Janke
1956–2001
Text – Bruno Schrep
Reinhard Janke ist tot. Ein hervorragender und passionierter Fotograf, ein besessener Arbeiter, ein Perfektionist. Einer, dem gut nie gut genug war, der sich zur Qualität quälen konnte, stundenlang, tagelang. Einer, der seinen Beruf liebte. Immer auf dem letzten Stand der Technik, immer auf der Suche nach Neuem, nach noch nicht Ausprobiertem. Für den Spiegel hat er viele Jahre gearbeitet, für den Stern, für Wirtschaftsmagazine, für große Tageszeitungen; seine Porträtaufnahmen von Politikern illustrierten die Nachrichtensendungen von ARD und ZDF.
Was jedoch mehr als alle fachliche Kompetenz zählte: Hinter der Kamera stand ein Mensch, der seinesgleichen suchte. Unerschrocken, offen, ohne Vorurteile. Warmherzig, geduldig, von durch nichts zu erschütternder Gelassenheit und Freundlichkeit. Ein Journalist zudem, der in der Lage war, auch in schwierigen Situationen, in denen ein Mann mit Kamera normalerweise Proteste und Aggressionen auslöst, jenes Vertrauen zu gewinnen, ohne das Berichterstattung über heikle Themen und über Menschen in Ausnahmesituationen nicht möglich ist.
Viele Jahre habe ich selbst mit Reinhard Janke zusammen gearbeitet, die meisten meiner Reportagen hat er bebildert. Dabei gab es viele schöne, spannende und schwierige Momente. Was mich stets beeindruckte: Nicht ein einziges Mal habe ich von Reinhard Janke eine taktlose oder verletzende Bemerkung gehört. Selbst über Menschen, mit denen er Konflikte hatte, sprach er stets voller Respekt und Fairness.
Während vieler gemeinsamer Reisen lernte ich Reinhard Janke aber auch als fröhlichen, lebensbejahenden Menschen kennen: humorvoll, manchmal jungenhaft übermütig und zu Streichen aufgelegt, fast immer optimistisch, einfallsreich und originell.
Unvergessen, wie er in einem Supermarkt vier Kilo Salz kaufte, um den Schnee aufzutauen, der störend auf dem Weg einer Prozession lag (der Artikel erschien im Mai). Unvergessen, wie er auf seine unvermeidliche Leiter stieg, um eine Frau inmitten ihrer Gartenzwerge zu fotografieren. Dass dies alles nur noch Erinnerung darstellt, nicht mehr gelebt werden kann, ist unbegreiflich. Für mich ist Reinhard Janke unersetzlich – als Kollege, als enger Freund.
Wie andere, die ihm nahe standen, habe ich zu spät erkannt, wie schlimm es um ihn stand, habe es vielleicht auch nicht wahr haben wollen. Als ihn Anfang des Jahres die große Traurigkeit niederzudrücken begann, hinter seinem immer noch freundlichen Lächeln die stille Verzweiflung spürbarer wurde, war die unsichtbare Wand, die ihn von uns trennte, schon nicht mehr zu überwinden.
Was bleibt, ist Trauer. Und die Kraft aufzubringen, den Weg, den er gewählt hat, zu akzeptieren. Tschüß, Reinhard.
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Bruno Schrep
ist seit vielen Jahren Reporter des Spiegel.