Wolfskinder
Die Sagen und Mythen über Wolfskinder sind zahlreich – sie handeln von elternlosen Kindern, die im Wald bei Wölfen aufgewachsen sein sollen. »Wolfskinder« nennt der Fotograf Fabian Weiß die Jugendlichen, die er für seine gleichnamige Serie porträtiert hat. Ein Zuhausesein in instabilen Verhältnissen scheint für diese nicht mehr möglich. Einige der Jugendlichen sind verhaltensauffällig geworden, andere haben bereits ein langes Strafregister. Da kommt die Jugendhilfe mit ihren unterschiedlichen Einrichtungen und Programmen ins Spiel. Heime, Pflegefamilien, aber auch Arrestanstalten, Streetworkerprojekte, Anlaufstellen für obdachlose Jugendliche – Fabian Weiß hat sein Thema thematisch weit gefasst und sorgfältig recherchiert. So zeigt er uns Jugendliche in Einrichtungen, die oft abseits der großen Städte liegen, manche befinden sich gar in Polen oder Schweden. Weit weg von der Heimat, wo Jugendliche in speziellen Maßnahmen auf den »richtigen Pfad« zurückgelenkt werden sollen.

Die besondere Qualität von »Wolfskinder« besteht darin, dass am Ende keine rührselige Sozialreportage über das Elend von Heimkindern entstanden ist. Fabian Weiß zeigt seine Protagonisten als ganz normale Jugendliche, die sich in nichts von ihren Altersgenossen unterscheiden und ähnliche Träume, Hoffnungen und Ängste haben. Die nuancierten Porträts werden ergänzt mit Alltagsszenen voller Ausgelassenheit: gemeinsame Kanutouren, ein Ausritt, Breakdance-Moves. Aber seine Arbeit hält auch eine andere Seite bereit: traurige, verkapselt wirkende Jugendliche, die im Alltag mit Einsamkeit, einem hohen Maß an Eigenverantwortung und stupiden Regeln kämpfen. Fabian Weiß bewegt den Betrachter mit seiner sensiblen Schilderung über junge Menschen, die letztendlich darauf hoffen, aus der Dunkelheit des Waldes ins Leben zurückzukehren.
