14. November 2019 - 16. Januar 2020
Ann-Christine Jansson

Umbrüche. Fotografien 1980–1995

14. November 2019 - 16. Januar 2020
Die Ausstellung wurde am Donnerstag, 14. November 2019 in Anwesenheit der Fotografin eröffnet. Es sprach Pascal Thibaut, Deutschland-Korrespondent von Radio France Internationale.

In den frühen 80er Jahren zieht es Ann-Christine Jansson aus der schwedischen Provinz über Stockholm nach Berlin-Kreuzberg, genau dorthin, wo sich viele Subkulturen gebildet haben und wo erbitterte Häuserkämpfe toben. Linke, Alternative und Punks besetzen leer stehenden Wohnraum, auf der Straße kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen. Die Musikszene blüht auf, der krachige Sound der Einstürzenden Neubauten wird der Soundtrack des Lebensgefühls vieler junger Menschen, die hier leben.

Für Ann-Christine Jansson ist das Leben in der Mauerstadt ein aufregender Gegenentwurf zu der Beschaulichkeit ihrer Heimat. Sie nutzt die Fotografie, um die Stadt zu erkunden. Gleichzeitig erkennt sie darin die sich ihr bietende Möglichkeit, einfacher auf andere zuzugehen und Kontakte zu knüpfen. Mit dem Blick der Fremden wird sie zur genauen Beobachterin des Lebens in der geteilten Stadt. Sie ist dabei, wenn Mai-Proteste stattfinden, sie porträtiert Akteure wie Blixa Bargeld und sie passiert als Touristin den Checkpoint Charlie, um ohne offizielle Genehmigung das Leben auf der anderen Seite der Mauer zu fotografieren. Ihre Fotos bietet sie verschiedenen Redaktionen an, die die Qualität ihrer eigenwilligen und persönlichen Interpretationen erkennen und der jungen Frau weitere Aufträge erteilen. In den Fotos wird die Sympathie der Fotografin für die Menschen deutlich, die auf beiden Seiten der Mauer versuchen, das gesellschaftliche Leben bunter und freier zu gestalten.

Hausbesetzung, das neue Badezimmer, West-Berlin, 80er Jahre. Foto: Ann-Christine Jansson
Illegaler Verkauf von West-Waren am Alexanderplatz, Juni 1990. Foto: Ann-Christine Jansson

Noch ahnt Jansson ebenso wenig wie alle anderen, dass sie Zeugin eines aufregenden Stückes Geschichte werden wird. Der Mauerfall und die sich daraus ergebenden Konsequenzen, der Umbruch, aber auch der damit verbundene Aufbruch bieten außergewöhnlichen Stoff. Viele ihrer Bilder wirken aus heutiger Perspektive überaus symbolisch. Ein ausgeschlachteter Trabi in einem Müllcontainer vor einer Plattenbausiedlung bringt es auf den Punkt. In einer anderen Szene bietet ein Verkäufer auf einem illegalen Markt am Alexanderplatz Sexfilm-Videokassetten an.

Nur wenige Jahre später findet die erste Love-Parade statt, natürlich auch dies ein Anlass für die Fotografin, um dabei zu sein. Der Protest scheint einem Hedonismus gewichen. Ann-Christine Jansson ist eine genaue Beobachterin jener Umbruch- und Euphoriejahre, ihre Bilder sind voller Humor und doch blitzt eine tiefe Melancholie hindurch, wohl auch deshalb, weil man als Betrachter die weitere historische Entwicklung genau kennt.

Info

Ann-Christine Jansson

Ann-Christine Jansson (geb. 1950) studierte in Schweden Kunstgeschichte, Pädagogik und Soziologie. 1980 kam sie nach Berlin, wo sie fortan als Fotografin und Bildredakteurin arbeitete, sowohl für skandinavische als auch deutsche Magazine, darunter der Spiegel, Stern, taz und die Zeit. Ihre Bilder sind in zahlreichen Ausstellungen präsentiert worden, sie selbst hat auch Ausstellungen anderer Fotografen kuratiert. Zuletzt erschien ihr umfangreiches Buch »Turns/Umbrüche«.
www.jansson-photography.com