Tractor Boys
Was treiben Jugendliche am Wochenende in der ländlichen Gegend Südschwedens? Genau das, was alle jungen Menschen überall auf der Welt tun: mit Freunden abhängen, Bier trinken, ausgelassen sein. Man entzieht sich dem Kontrollraum der Erwachsenen und trifft sich als Clique auf einsamen Parkplätzen, um der Langeweile und Orientierungslosigkeit des Daseins etwas entgegenzusetzen.
Ein Gesetz aus den 70er Jahren in Schweden erlaubt, dass schon 15-Jährige Auto fahren dürfen, wenn diese für den Einsatz in landwirtschaftlichen Betrieben ausgewiesen sind – meist Volvos mit Ladeflächen, deren Geschwindigkeit auf 30 km/h heruntergedrosselt ist. Natürlich kennen die »Tractor Boys« alle Tricks, die Autos zu frisieren und höhere Geschwindigkeiten aus ihnen herauszuholen. Wer waghalsig ist, klammert sich vorn auf die Motorhaube, um sich in hohem Tempo durch die Gegend kutschieren zu lassen. Andere sitzen auf dem Autodach und drehen so ihre Runden.
Dem schwedischen Fotografen Martin Bogren ist es gelungen, tief in jene verschlossene Welt der Jugendlichen zu tauchen. »Tractor Boys« ist ein wunderbar melancholischer und gefühlvoller Bilderbogen über Heranwachsende, die Zigaretten inhalieren und mit Mädchen heimlich Küsse austauschen. Eine Nacht des Überschwangs, in der sie Rennen fahren und die Reifen ihrer Fahrzeuge durchdrehen lassen, um den Asphalt mit kalligraphischen Zeichen abgeriebenen Gummis zu übersäen. Rauchwolken hüllen die Autos ein. Das Kreisen der Autos wirkt wie ein Ritual des Balztanzes.
Man möchte den Mädchen imponieren, die so tun, als ob das keinerlei Eindruck auf sie mache. Unwirkliche Momente entstehen, die in den düsteren grobkörnigen Schwarzweiß-Fotografien ihre perfekte ästhetische Umsetzung erleben. Am Ende der Nacht, wenn alle Exzesse durchlebt sind, dämmern die Jugendlichen erschöpft in den Autositzen weg; langsam rollen Volvos über einsame Waldwege davon. Am Horizont erheben sich schon die ersten Strahlen des Erwachsenendaseins.