Schmale Pfade | Blickwechsel
Wild wirkt die Landschaft Brandenburgs in den Fotos von Ina Schoenenburg, dort, wo Deutschland und Polen aneinanderstoßen. Immer wieder taucht die Fotografin tief in diesen Landstrich ein und bringt von ihren Ausflügen bildgewaltige Szenen mit, die voller Brüche sind und gleichzeitig faszinieren und irritieren. Wirken die Landschaften ungezähmt, so sind die Menschen, denen sie begegnet, eigenartig traumverloren. An einem Fluss sitzt ein einsamer Angler. Kinder posieren als Gespenster inmitten einer blühenden Wiese. Eine Frau blickt ungerührt in die Ferne, während Rehe durch ihren riesigen Garten huschen.
Der Mensch in der Landschaft stellt ein romantisches Urmotiv dar, das die Fotografin geschickt für ihre Erzählung nutzt. Eine andere Eigenschaft ihrer Bilder ist, dass diese jegliche Gewissheiten vermeiden wollen. Einmal ragt in der Ferne, eingeklemmt zwischen zwei Gebäuden der Kopf eines steinzeitlichen Mammuts hervor. Das Urtier scheint einfach vergessen worden zu sein, um heute an eine in der Eiszeit geschaffene Landschaft zu erinnern, an die Rückstände von Gletschern, die die Natur vor Ort bis jetzt prägen.
Die aus Berlin stammende Fotografin, die oft hierher kommt, weil sie diese Landschaft liebt und weil ihre Eltern hier wohnen, beweist einen emphatischen Blick. So bleibt ihr auch die Härte, die die Idylle birgt, nicht verborgen. Man sieht Sturmschäden, abgesackte Erde, kleine Versehrtheiten der Landschaften, aber auch eine Einsamkeit und Melancholie, die sich in den Begegnungen mit den Porträtierten ablesen lässt. Brandenburg ist dünn besiedelt, in manchen Landstrichen leben nur 25 Einwohner auf einem Quadratkilometer. Der nächste Nachbar wohnt oft weit weg und es gibt genug Platz, um Eigenheiten zu kultivieren.
In »Blickwechsel«, einer zweiten Serie, nimmt die Fotografin ihre eigene Familie in den Fokus – und sich selbst. Sie untersucht die Beziehung zu ihren Eltern und das Aufwachsen ihrer Tochter. Intimität und Vertrauen im Umgang miteinander sind ebenso sichtbar wie Verstimmung und Erschöpfung. Ina Schoenenburg zeigt ihre Familie seit sieben Jahren, so wie sie diese sieht. Ein liebevoller Blick, der auch die Schwächen einschließt. Die Eltern scheinen nie zu posieren, die Mutter zeigt sich in ihren Gefühlen erstaunlich offen. Ina Schoenenburgs Gespür für das besondere Licht und feine Stimmungen macht die Introspektion zu einem besonderen Erlebnis.