22. August - 10. Oktober 2013
Götz Schleser

Politische Porträts

22. August - 10. Oktober 2013
Die Ausstellung wurde am Donnerstag, 22. August in Anwesenheit des Fotografen eröffnet. Es sprach Dr. Heinrich Wefing, stellvertretender Ressortleiter Politik, »Die Zeit«.

Die mit Macht und Verantwortung ausgestattete Position verlangt eine bestimmte äußere Haltung, Mimik und Gestik. Der in der Öffentlichkeit stehende Politiker ist peinlichst darauf bedacht, keine Verwundbarkeit oder Gefühlswallung nach außen zu zeigen, die der Gegner als Schwäche ausnutzen könnte. Die Akteure beherrschen das Spiel politischer Image-Bildung meisterhaft. Es sind die immer gleichen glatten Posen, derer sie sich bedienen. Der Fotograf hat letztendlich die Konvention zu bedienen, die den Politiker als disziplinierten Repräsentanten zeigt, dem es ausschließlich darum geht, die Gunst des Wählers zu gewinnen.

Götz Schleser bricht in seinen Porträts die Muster üblicher Politik-Inszenierungen auf. Er selbst spricht davon, das »andere Gesicht« einfangen zu wollen. Ein nachdenklich wirkender Thomas Oppermann sitzt auf dem Fußboden und tippt auf dem Display seines Telefons. Annegret Kramp-Karrenbauer, Ministerpräsidentin des Saarlandes, lacht lauthals heraus. Momente, in denen die Kontrolle ausgesetzt ist, und die uns die politischen Supermänner und -frauen wieder ein Stück näher bringen.

Philipp Rösler, 2012.
Philipp Rösler, 2012. Foto: Götz Schleser

Instinktiv nutzt Schleser jenen Augenblick abseits des Kameralächelns, um sein Bild zu machen. Stunden vor dem Termin ist er da, baut auf, setzt das Licht, verhandelt mit Beratern. Schließlich sind es meist weniger als zwei Minuten, die dem Fotografen mit dem Politiker bleiben. Dabei beherrscht er ein breites Repertoire fotografischer Mittel, wenn er extreme Close-Ups schafft oder die verfügbare Architektur in seine Porträts einbezieht. Wer ist dem Bundespräsidenten jemals so nahe gekommen? Zuweilen gelingt es dem Fotografen, Politiker aus ihrer Arbeitsumgebung zu lösen und auf fremdes Terrain zu führen. Ein Torsten Albig etwa posiert auf einem aus dem Wasser ragenden Pfahl.

Schlesers Arbeiten geben ungewöhnliche, teils irritierende Einblicke in die Persönlichkeiten der Porträtierten. Damit stehen sie diametral zu jener glattgebügelten Politikerinszenierung, der wir zur kommenden Bundestagswahl überall und immerzu begegnen werden.

Wolfgang Schäuble, 2010.
Wolfgang Schäuble, 2010. Foto: Götz Schleser