Mann und Auto
Das Verhältnis von »Mann und Auto« ist ein moderner Mythos, den Brigitte Kraemer in ihren Fotografien facettenreich beleuchtet. Ihre fotografische Studie spannt einen Bogen von der Herstellung eines Autos bis zu seinem Ende auf dem Schrottplatz und vom Jungen am Lenkrad – auf dem Schoß seines Vaters – bis zum Mann, der selbst wieder zum Kind wird, wenn er an seinem Auto schraubt oder ein Modelauto lenkt.
Brigitte Kraemers Aufnahmen geht eine genaue Beobachtung des Alltags voraus. Seit 1994 besucht sie Autotreffen, Raststätten, Garagen und Automessen in ganz Deutschland. Sie hat auf unterschiedlichsten Autotreffen fotografiert, bei einer Oldtimer Ralley auf dem Beifahrersitz des Adenauer Mercedes Platz genommen oder an der Rennstrecke im eigenen PKW übernachtet.
Die Fotografin ist tief in die Männerdomäne eingedrungen und zeigt mit ihren Aufnahmen, dass das Auto in dem Leben vieler Männer mehr ist als ein Gebrauchsgegenstand oder ein Hobby: Es wird umfunktioniert zum Wohnraum mit Küchenzeile, mobiler Bar und Airbrush-Gemälden. Vergoldete Schrauben und Chromteile zieren den Motorraum wie Piercings. Durch das Auto grenzt man sich ab und gehört dazu. In ihm spiegeln sich die Vermögensverhältnisse, Vorlieben und Träume ihrer Besitzer wider. Der Technikverliebtheit, der Kreativität genauso wie der Absurdität sind keine Grenzen gesetzt. Es ist ein Objekt der Begierde, das noch dazu für jeden erreichbar ist.
Frauen hat Brigitte Kraemer bis auf wenige Ausnahmen bewusst ausgespart. Sie verzichtet auf Geschlechterklischees, die das Thema zwangsläufig aufruft, zugunsten einer differenzierten und sensiblen Betrachtung der unterschiedlichsten Männertypen. Auf vielen Bildern entsprechen sich Mann und Auto auf eigentümliche Weise. Doch Brigitte Kraemers Fotografien sind nicht vergleichend und distanziert. Sie blickt mit Humor auf die verschiedenen Ausprägungen, welche die besondere Beziehung eines Mannes zu seinem Auto hervorbringen kann. Ihre Fotografien erzählen vom alltäglichen Leben der Autobesitzer, von ihrem Bedürfnis nach Sicherheit bei maximaler Beschleunigung, von der Suche nach dem Glück, die das Auto in Form von Mobilität und Freiheit verspricht, und von der Sehnsucht eines Mannes, der am Rand einer Rennstrecke sitzt, den Jägermeister im Arm.