It’s a Woman’s World
Die Berliner Fotografin Marlena Waldthausen führt uns nach Noiva do Cordeiro, eine Dorfgemeinschaft im Südosten Brasiliens, die sich von anderen wesentlich unterscheidet, denn hier treffen die Frauen die Entscheidungen für die Gemeinschaft. Mitten in einem patriarchalischen Staat, der von einem frauenfeindlichen Autokraten namens Jair Bolsonaro geführt wird, verfolgt das Dorf einen erfolgreichen alternativen Ansatz: ein hierarchiefreier Umgang miteinander, keine Privilegien für niemanden und der Einfluss der Kirche ist begrenzt. Der Ursprung dieses modernen Matriarchats liegt in der Geschichte des Dorfes, das sich Anfang der 1990er Jahre erfolgreich gegen das strenge Regiment eines herrschsüchtigen evangelikalen Priesters auflehnte.
Die zentrale Rolle spielt die Matriarchin Delina, die frühere Frau dieses Priesters. In ihrem Dorf werden Streitigkeiten nicht vor Gericht ausgetragen, sondern in langen Diskussionen beigelegt. Alle verdienen das Gleiche und Investitionen werden zusammen beschlossen. Homosexuelle Liebe ist genauso akzeptiert wie heterosexuelle. Kinder werden reihum betreut, Ältere und Kranke umsorgt. Die etwa 300 Menschen, die in dem Dorf leben, unterstützen offensiv die Abkehr von einem männlich dominierten Herrschaftssystem, weil sie die vielen Vorteile erkennen, die sich durch diese Lebensweise ergeben. »Wer nicht dort gewesen ist, kann sich das nicht vorstellen. Es ist die schönste Art, zu leben, die ich mir ausmalen kann«, sagt die Fotografin Marlena Waldthausen, die dieses ungewöhnliche Zusammenleben in außergewöhnlichen Fotos dokumentiert hat.
In einer zweiten Arbeit führt Karolin Klüppel uns zu einem anderen Schauplatz, in dem ebenfalls matriarchale Strukturen bestehen. Im Schatten des Himalaya-Gebirges, am Rande des üppigen, weitläufigen Luga-Sees, lebt das Volk der Mosuo, das erstaunlich moderne Werte verkörpert. Hier genießen die Frauen eine herausragende Stellung, die sie sich nicht erkämpft haben, sondern die aus der Tradition entstanden sind. So ist das Oberhaupt eines Mosuo-Haushalts immer eine Frau, die für alle finanziellen Entscheidungen und die Weitergabe des Familiennamens und des Eigentums verantwortlich ist. Kinder bleiben ihr Leben lang im Haushalt der Mutter, die Kontrolle über das Heim wird an die nächste Tochtergeneration weitergegeben.
Die Mosuo kennen keine Ehe zwischen Frau und Mann, bei der das verheiratete Paar zusammenlebt. Vielmehr wird eine Tradition der Wanderehe ausgeübt, das heißt, Frauen können ihre Partner frei wählen und wechseln. Allerdings werden die alten Traditionen der Gemeinschaft heute immer mehr von äußeren Einflüssen aufgelöst, viele heiraten außerhalb ihrer Gemeinschaft und ziehen in größere Städte, um Arbeit zu finden. Karolin Klüppel hat in gefühlvollen Porträts jene älteren Frauen festgehalten, die als Oberhäupter der Familien an ihren Traditionen festhalten, auch wenn diese vom Verschwinden bedroht sind.
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