20. Mai - 19. Juni 2005
Rolf Bauerdick

Gypsy-Passion – Roma in Europa

20. Mai - 19. Juni 2005
Die Ausstellung wurde am Donnerstag, den 19. Mai 2005 in Anwesenheit des Fotografen eröffnet.

Über einen Zeitraum von zwölf Jahren (von 1992 bis 2004) hat Rolf Bauerdick an einer umfassenden Fotodokumentation über das Leben der Roma in Europa gearbeitet – in Deutschland, Albanien, Makedonien, Kosovo, Ungarn, Tschechien, Slowakische Republik, Rumänien, Bulgarien, Frankreich, Spanien und Portugal.

Dabei entstanden rund 15.000 Fotografien, kraftvolle und lebenspralle Bilder, die von großer Sympathie und menschlicher Anteilnahme für das Schicksal der Zigeuner zeugen. Ungeschminkt und drastisch führt Bauerdick nicht nur die katastrophalen Lebensbedingungen der Roma vor Augen, er erzählt auch von Sehnsüchten und Träumen und dem geheimnisvollen Zauber, der dieses Volk seit alters her umgibt. Ob in den tristen Ghettos der rumänischen Kalderasch, in den Kneipen der ungarischen Olah, ob bei den Wallfahrten der französischen Gitans oder den Fiestas der spanischen Kale, stets sprechen Bauerdicks Fotos von der Würde und dem Stolz von Menschen, die in Europa oft nur an den Randzonen der Gesellschaft geduldet werden.

Auf der Müllhalde von Oradea, Rumänien.
Auf der Müllhalde von Oradea, Rumänien. Foto: Rolf Bauerdick

Das Leben der rund acht Millionen europäischen Roma hat vor allem in den Ost- und südosteuropäischen Ländern in der postsozialistischen Zeit eine dramatische Zuspitzung erfahren. Trotz unverkennbarer Demokratisierungsprozesse sind die Roma in vielen Ländern von der wirtschaftlichen Entwicklung weitgehend ausgeschlossen. Ob in der ungarischen Theißebene, in den Dörfern im Osten der Slowakei, in Rumänien und Bulgarien, ob in der größten Roma-Siedlung im makedonischen Shutka aber auch in den Vorstädten von Madrid, oft erreicht die Arbeitslosenquote mehr als 90 Prozent.

Einige Tage vor Weihnachten tragen Cigány ein Schwein zum Schlachten durch ihre Siedlung in der Kleinstadt Heves, Ungarn.
Einige Tage vor Weihnachten tragen Cigány ein Schwein zum Schlachten durch ihre Siedlung in der Kleinstadt Heves, Ungarn. Foto: Rolf Bauerdick

Bei seinen Reisen zu über Hundert Roma-Siedlungen wurde offenkundig, dass die Integration der ethnischen Minderheit der Roma viele Länder vor extreme Schwierigkeiten stellt. Die sozialen und finanziellen Folgen der Massenarbeitslosigkeit stellen eine große Herausforderung dar ebenso wie die politische Diskriminierung und der kulturelle Rassismus. Ein eklatantes Beispiel sozialer Verelendung: in der rumänischen Grenzstadt Oradea leben Dutzende von kinderreichen Familien auf der städtischen Müllkippe. Hier ist Armut weit mehr als der Verlust von Arbeit und Wohnung sowie der Mangel an Lebensmitteln, medizinischer Versorgung und Bildungsmöglichkeiten für die Kinder. Hier bedeutet Armut den Verlust jeglicher Hoffnung auf eine Lebensperspektive.

Einer der letzten Zigeuner aus der nordkosovarischen Stadt Pejá im ausgebrannten Haus seiner ehemaligen Nachbarn.
Einer der letzten Zigeuner aus der nordkosovarischen Stadt Pejá im ausgebrannten Haus seiner ehemaligen Nachbarn. Foto: Rolf Bauerdick

Der Migrationswunsch der Roma, vorzugsweise in ein EU-Land, ist in den südosteuropäischen Ländern sehr stark verbreitet. Oft werden die Roma auch gewaltsam aus ihrer angestammten Heimat vertrieben, wie zuletzt im Kosovo. Dort flohen nach dem Krieg 1999 rund achtzig Prozent der Roma nach Serbien und Montenegro. Die Verbliebenen leben noch immer in großer Angst vor Pogromen und nationalistischen Ausschreitungen.

Bauerdicks Fotografien bekunden eine tiefe Sympathie und Anteilnahme für das Schicksal eines Volkes, dass oft nur an den Randzonen der Gesellschaft geduldet wird. Einseitige Schuldzuweisungen an die Nicht-Roma in den jeweiligen Ländern jedoch sind kaum hilfreich. Denn der oft fremdartige Lebensstil der Roma widerspricht bisweilen bürgerlichen Lebensvorstellungen und fördert die Ausgrenzung statt sie gemeinsam zu beenden. Zu einer gelungenen Integration der Roma, die die kulturellen Traditionen und Wurzeln der Menschen nicht zerstören will, bedarf es daher eines Willens zum gegenseitigen Verstehen.