Give my Regards to Elizabeth
In den frühen neunziger Jahren lebt und studiert der deutsche Fotograf Peter Bialobrzeski eine Zeit lang in England und findet dort eine gesellschaftliche Wirklichkeit vor, die ihm als Deutschen sehr fremd vorkommt und der er sich mit fotografischen Mitteln nähert. Die Bilder, die entstehen, zeigen den unvoreingenommen, aber beeindruckend scharfsinnigen Blick des Außenstehenden auf ein Land, das angezählt scheint.
Thatcher ist nach langer Regierungszeit abgetreten, das Land von Arbeitslosigkeit und Inflation gezeichnet. Die Wirtschafts- und Sozialpolitik der Premierministerin hat die Schere zwischen Arm und Reich weit auseinanderklaffen lassen und die starren Unterschiede der Klassengesellschaft deutlich hervorgehoben.
Genau diesen Nachwirkungen geht Bialobrzeski nach und bewegt sich dabei in parallelen Welten. Die eine präsentiert die saturierten Wohlstandsbürger, eine Welt der Cocktailkleider, der Pferderennen und des Partymachens mit teuren alkoholischen Getränken. Die andere Welt hat rein gar nichts zu feiern. Den Gesichtern der alten und jungen Menschen der Arbeiterklasse ist eine tiefe Erschöpfung und Perspektivlosigkeit eingezeichnet.
Bialobrzeski reist hier und dort hin, am Ende entsteht eine Serie, die immer wieder zwischen Melancholie und Humor changiert, aber vor allem von einem sezierenden, analytischen Blick, der sein späteres Werk ausmacht, geprägt ist. Als der Fotograf England nach einem Jahr verlässt, sind so viele Bilder entstanden, dass er einen Dummy baut und schließlich als Diplomarbeit einreicht, nicht wissend, dass drei Jahrzehnte später ein Buch daraus erscheinen wird. Dessen Funktion reicht weit über die eines nostalgischen Blicks hinaus und lässt sich beinahe wie ein hochaktueller Kommentar zu einer gespaltenen englischen Gesellschaft durch die Brexit-Folgen lesen.