17. Februar - 13. April 2022
Franziska Gilli & Barbara Bachmann

Hure oder Heilige – Frau sein in Italien

17. Februar - 13. April 2022
Die Ausstellung wurde am 17. Februar 2022 eröffnet.

In wenigen Ländern Europas sind derart festgefahrene weibliche Stereotype so verbreitet wie in Italien. Lasziv tanzen junge Frauen durchs Hauptabendprogramm, seit mittlerweile 65 Jahren. Sie tragen freizügige Kostüme und starkes Make-up, eine Ausnahme ist, wer keine schönheitsmedizinischen Eingriffe hat machen lassen. Die Mutter ist Ikone, gleichzeitig wird im Land der Kavaliere und Charmeure im Durchschnitt alle drei Tage eine Frau, meist von ihrem Partner, ermordet.

Weil sich sowohl die Fotografin Franziska Gilli als auch die Reporterin Barbara Bachmann schon lange mit der Frau und ihrer Rolle in Italien auf unterschiedliche Art auseinandergesetzt hatten, entstand der Wunsch, ein gemeinsames Projekt zu initiieren. Daraus resultiert die vielgestaltige Foto-Text-Arbeit »Hure oder Heilige«, für die sie mehrere Jahre recherchiert und zahlreiche Menschen und Spielorte in Italien besucht haben.

Casting von Miss Italia (Miss365) in Rom. Der Schönheitswettbewerb gehört seit Jahrzehnten zum wichtigsten Sprungbrett für Mädchen, die ins TV-Showgeschäft einsteigen wollen. Viele Casting-Teilnehmerinnen bei »Miss Italia« haben in ihrer Kindheit Mobbing aufgrund ihres Aussehens erfahren und suchen nach Anerkennung von »offizieller« Seite. Foto: Franziska Gilli

Wie der Titel intendiert, ist das Duo auf Frauenrollen der katholischen Kirche gestoßen, die seit zwei Jahrtausenden Bestand zu haben scheinen. Einerseits die Frau, die zur Befriedigung sexueller Triebe bereitsteht und auf der anderen Seite die Frau, die als keusches Wesen mit Mutterpflichten auftritt. Während in den siebziger Jahren eine starke feministische Bewegung erfolgreich das Recht auf Abtreibung oder Scheidung in Italien erreichte, haben sich gleichzeitig bestimmte, oft weit zurückreichende klerikale Dogmen, die das Verhältnis der Geschlechter regeln, bis heute bewahrt und weiter verfestigt.

Gilli und Bachmann zeigen in ihrer Arbeit eine von Widersprüchen zerrissene italienische Gesellschaft. Die beiden Journalistinnen setzen sich mit vorherrschenden Schönheitsidealen, der Dominanz der Kirche, dem Einfluss des Unterhaltungsfernsehens und der Gewalt gegen Frauen auseinander, begleiten aber auch immer wieder Protagonistinnen, die für einen neuen starken Aufbruch und für eine Vielfalt des gelebten Frauseins stehen. Das Besondere ist, dass an jeder Stelle ihres Projekts neben der journalistischen Qualität auch die persönliche Solidarität des Duos spürbar wird. Die Arbeit, die als Buch erschienen ist, feiert in einer aufwendig gestalteten Ausstellung in der FREELENS Galerie ihre Deutschlandpremiere.

 

Fotografie: Franziska Gilli
Text: Barbara Bachmann
Ausstellungskonzept und -gestaltung: Lupo Burtscher
Produktion: Foto Forum, Bozen

Mit freundlicher Unterstützung von: Istituto Italiano di Cultura Hamburg, Stiftung Kulturwerk der VG Bild-Kunst

 

Corona-Hygienevorschriften: Es gelten die 2G-plus-Regeln: Zugang nur für Geimpfte und Genesene, die zudem ein tagesaktuelles negatives Testergebnis vorweisen können. Die Pflicht, im Rahmen des 2G-plus-Zugangsmodells zusätzlich ein Testergebnis beizubringen, entfällt für alle, die einen gültigen Nachweis über ihre Auffrischungsimpfung erbringen. Es herrscht Maskenpflicht.

Info

Franziska Gilli & Barbara Bachmann

Franziska Gilli, 1987 in Bozen geboren, lebt als freie Fotografin in Hannover. Ihre Arbeit umspannt Themen aus dem gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Bereich, denen sie sich in freien journalistischen Projekten genauso wie in Auftragsarbeiten widmet. Ihr besonderes Interesse gilt der Fragestellung, in welcher Weise Menschen gesellschaftliche Systeme gestalten und umgekehrt von diesen geprägt werden. Ihre Fotos erscheinen in allen wichtigen deutschsprachigen Magazinen und Tageszeitungen. Ihre freien Arbeiten sind zudem in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen gezeigt worden.
franziskagilli.com

Barbara Bachmann, Jahrgang 1985, ist freie Reporterin und arbeitet für zahlreiche Printmedien. Die Südtirolerin verbindet in ihrer Arbeit den Blick auf das ihr vertraute Italien mit der Neugierde auf die unbekannte Ferne. Immer wieder recherchiert sie Geschichten zu relevanten Themen wie Cybermobbing, Bitcoin-Mining oder Neonazis, die sowohl in großen Wochenzeitungen als auch in Magazinen erscheinen.
www.barbarabachmann.com