Helvetica
Bei der Vorbereitung zu einem Vortrag über Fotobücher fällt Andreas Herzau »Die Deutschen» von René Burri in die Hände. Ein dichtes fotografisches Zeugnis deutscher Nachkriegsgeschichte, das auch mit dem Abstand der Jahre noch beeindruckt.
Herzau kommt die Idee, den Schweizern einen Gegenbesuch abzustatten. Wie einst Burri will er die Wesenszüge einer Nation fotografisch ausforschen. Über ein halbes Jahrzehnt besucht er immer wieder die Schweiz und fotografiert die verschiedensten Sujets, Gesellschaftsgruppen und Orte.
Ihm geht es allerdings nie um Vollständigkeit, sondern darum, eigene, oft von Klischees verstellte Vorstellungen mit dem Vorgefundenen abzugleichen. Ein Land, das der Deutsche wegen dessen Errungenschaften schätzt und bei dem er bald erkennt, dass es sich mit seinen eigenen Ansprüchen schwer tut. Es sind genau diese Bruchstellen, auf die der Fotograf seine Kamera richtet.
Die Schweiz ist eine Nation, die von wirtschaftlichem Wohlstand geprägt ist, ausgestattet mit der langen Tradition direkter Demokratie und außenpolitischer Neutralität und doch herrschen gleichzeitig starke nationalistische Abwehrreflexe vor. Herzau spielt geschickt mit dem Klischee, zeigt die Widersprüche und reflektiert die eigene Rolle des Fremden in einer fulminanten Bildserie über unsere helvetischen Nachbarn.
Das Projekt wurde gefördert durch die Stiftung Kulturwerk der VG Bild-Kunst.