Ins Netz gegangen #02: Linktipps zur Kriegs-, Krisen- & Konfliktfotografie
Nach einer Reihe von Artikeln zu unserem Schwerpunktthema »Kriegs-, Krisen- & Konfliktfotografie« folgen hier erneut einige spannende Fänge aus dem Netz. Diesmal steht die Arbeitspraxis von Kriegsfotograf*innen im Vordergrund. Wie unterschiedlich deren Zugänge und Motivationen sein können und was für absurde Stories es dazu gibt, das zeigen die Fälle eines gerade volljährig gewordenen Mannes und eines Freizeit-Kriegsfotografen ebenso wie die Fake Identität von Eduardo Martins. Das Fotojournalismus auch lokale Akteure stärken kann, zeigt die Geschichte einer jungen Jesidin, die gleichwohl nicht über das Dilemma hinweghilft, dass für Reportagen von lokalen Akteuren oft nur Spotpreise bezahlt werden.
Text – Felix Koltermann
1. Mit 18 plötzlich Kriegsfotograf
Man mag es kaum glauben: Der Australier Josh McDonald war gerade 18, als er zum ersten Mal als Fotograf in den Nahen Osten reiste. Das ist normalerweise der Stoff, aus dem Heldengeschichten gemacht sind. Gut, dass der Fluter, das Magazin der Bundeszentrale für politische Bildung, eher unverdächtig ist, der Heroisierung von Kriegsfotografie Vorschub zu leisten. Eva Bolhoefer hat Joshs verrückte Geschichte protokolliert.
2. Ein Manager als Kriegsfotograf
Von der heimeligen bayrischen Idylle in München in den Krieg. Das ist die Freizeitunternehmung von Johannes Müller, einem Manager beim Unternehmen Bosch Hausgeräte. Meist geht er embedded mit ausländischen Truppen, nach Afghanistan oder in den Irak. Alles selbst finanziert und wahnsinnig teuer. Immerhin, er bezeichnet sich selbst nicht als Journalisten, sondern als Fürsprecher. Wie wild die Mischung zwischen privaten Bildern und Militärromantik ist, zeigt sich vor allem an seinem Instagram-Account.
3. Eduardo Martins: Ein Phantom von Kriegsfotograf
Dort wo – zumindest vermeintlich – Geld, Ruhm und Ehre winken, sind auch Scharlatane meist nicht weit. Nein, es geht nicht um Claas Relotius vom Magazin »Der Spiegel«, sondern um Eduardo Martins. Es ist eine der verrücktesten und gleichzeitig traurigsten Geschichten aus dem Fotojournalismus der vergangenen Jahre. Um die Weltpresse zu narren und vorzuführen, reichten eine verrückte Lebensgeschichte, von anderen geklaute Bilder und ein Instagram-Account mit zehntausenden Followern. Bis zwei Kollegen den Fake aufdeckten.
https://www.sueddeutsche.de/medien/eduardo-martins-ein-phantom-von-kriegsfotograf-1.3678168
4. Eine Reportage aus Kabul für 30 Euro
Zum Alltagsgeschäft des Auslandsjournalismus gehört es, dass einzelne Journalisten – meist weiße Männer aus dem Westen – zu unhinterfragten Experten für bestimmte Regionen und Länder erklärt werden. Was dies für lokale Journalist*innen aus Kriegs- und Krisenregionen für Folgen hat und wie sich in diesem Schema orientalistische Strukturen fortschreiben, ist Thema eines Kommentares von Emran Feroz für »Über Medien«.
https://uebermedien.de/34148/30-euro-fuer-eine-reportage-aus-kabul/
5. Yazidi Genocide – Das Kriegstraumata als Fotojournalistin überwinden
Wie Journalismus zum Empowerment und zur Überwindung einer Opferperspektive beitragen kann, das erzählt die Geschichte der jungen Jesidin Zina Hamu. Im Gespräch mit Federica Tedeschi für Fairplanet berichtet sie, wie ein Fotojournalismuskurs im Rahmen eines UNICEF-Projektes ihre Perspektiven verändert hat. Heute studiert sie Journalismus in Litauen und ist als Aktivistin für die Rechte jesidischer Frauen unterwegs.
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Felix Koltermann ist promovierter Kommunikationswissenschaftler und arbeitet zu den Themen internationaler Fotojournalismus, visuelle Medienkompetenz und zeitgenössisches Fotobuch. Zuletzt hat er das Buch »Fotoreporter im Konflikt – Der internationale Fotojournalismus in Israel/Palästina« beim Verlag Transcript publiziert. Er betreibt den Blog »Fotografie und Konflikt« und ist als freier Journalist unter anderem für die Zeitschrift Photonews tätig. Auf Twitter und Instagram ist er unter @fkoltermann zu finden.