Kriegs-, Krisen- & Konfliktfotografie
Interview mit Daniel Etter

Eine Mission im Leben

Der Fotojournalist und Pulitzer-Preisträger Daniel Etter ist einer der wenigen deutschen Fotografen, der weltweit in Krisen- und Kriegsgebieten wie Afghanistan, Irak, Syrien oder Jemen arbeitet. Im Rahmen des FREELENS Schwerpunktthemas spricht er über seine Anfänge, seine Motivation und gibt u.a. Antworten auf die Frage, ob seine Art von Berichterstattung über Krieg heute noch Sinn ergibt und warum es manchmal nötig ist, mit Klischees zu arbeiten. Das Gespräch führte Andreas Herzau.
Fotos – Daniel Etter

Andreas Herzau: Du kommst gerade aus Barcelona. Wo geht es als nächstes hin?

Daniel Etter: Ich fliege morgen nach Erbil um von dort aus für zwei Wochen nach Syrien zu reisen.

Wie kommt es dazu?

Das ist ein Auftrag, den ich schon vor einigen Wochen bekommen habe. Die Geschichte wird im Sommer dieses Jahres erscheinen.

Fährst du alleine dort hin?

Ich fahre alleine, habe mir aber im Vorfeld vor Ort einen Übersetzer und Fixer organisiert, der mir dann hilft.

Fährt kein Texter oder Texterin mit?

Ich schreibe in diesem Fall die Geschichte selbst, da ich von meiner Ausbildung her eher Texter bin als Fotograf, auch wenn ich überwiegend fotografisch arbeite, aber alle paar Monate schreibe ich auch eine Geschichte.

Du bist ja nicht nur ein gefragter, sondern auch ein oft befragter Fotograf. Gibt es Fragen, die du nicht mehr hören kannst?

Nein, eigentlich nicht. Aber es ist schon so, dass mir im Rahmen von Vorträgen immer dieselben Fragen gestellt werden: Wie komme ich mit dem Ganzen klar? Wie bekomme ich Abstand zu Erlebtem? Was macht man, um im konkreten Moment die Dinge nicht zu nahe an sich heranzulassen? Ob man selbst das Gefühl hat, voyeuristisch zu arbeiten? Wie es um das Recht am eigenen Bild steht? Was es für mich bedeutet, Intimitätsbarrieren zu durchbrechen? Das sind viel gestellte Fragen, die ich aber auch ok finde und gerne beantworte.

»Die Kliniken im Norden waren völlig überfüllt und in jeder sah ich Kinder, die bis auf Haut und Knochen abgemagert waren. Als Fotograf im Jemen, vor allem als Mann, ist es schwierig, Frauen zu fotografieren. In den Kliniken aber haben mir die Frauen immer die Erlaubnis gegeben. Es war wie ein stilles Einverständnis. Sie wollten, dass über ihre Situation berichtet wird und erlaubten Zugang in eine Intimsphäre, die sonst verschlossen bleibt«, berichtet Daniel Etter über seine Erfahrungen im November 2018 im Jemen.
»Wir waren auf dieser Straße mit einer Miliz in Richtung der Front in Hodeidah unterwegs. Ich bin zu einer Kampfeinheit auf den Pick-up gesprungen. Auf der Ladefläche und dem Dach drängten sich mindestens zwölf Mann. Der Fahrer raste. Die Männer kauten Qat, die im Jemen allgegenwärtige Droge, und boten mir Blätter an. Ich steckte mir eine Handvoll in den Mund. Eine vertrauensbildende Maßnahme. Ich war froh, als wir anhielten.«
»In der Nähe der Basis einer eher trägen ›schnellen Eingreiftruppe‹ einer salafistischen Miliz kam uns dieser Mann entgegen. Vor der Kulisse des Krieges wirkte er bizarr. Er stellte sich vor, war aber nicht sonderlich gesprächig und fuhr gleich weiter. Wir haben gerätselt, was es mit ihm auf sich hat: Dickes Motorrad aber keine Schuhe. Die Flagge am Heck ist die eines vereinten Jemens aber auf dem Scheinwerfer steht der Name einer lokalen Miliz, die von einem unabhängigen Staat träumt.«

In anderen Interviews wurdest du als Kriegsfotograf vorgestellt. Bezeichnest du dich auch selbst so?

Ich bezeichne mich selbst nicht als Kriegsfotograf und würde mich auch nicht als solcher vorstellen – allein schon deshalb, weil meine Arbeit in Krisengebieten nur einen kleinen Teil meiner Arbeit ausmacht. Natürlich fotografiere ich in Ländern wie Afghanistan oder dem Irak, aber die Themen, die ich dort fotografiere, haben oft nichts mit Krieg zu tun. Ich habe eigentlich keine richtige Bezeichnung für mich und das, was ich mache. In letzter Zeit habe ich neben dem Schreiben und Fotografieren auch einen Dokumentarfilm gemacht, schreibe gerade ein Buch …

Als was bezeichnest du dich dann, wenn du dich vorstellst?

… als Fotojournalisten, der auch viel in Krisengebieten arbeitet.

Du hast mal gesagt, dass dich der Film »War Photographer« über den amerikanischen Kriegsfotografen James Nachtwey dazu brachte, Kriegsfotograf zu werden. Was reizte dich daran?

Das Bild, welches er von seinem Beruf zeichnet, ist natürlich sehr romantisiert: der einsame Mann, der in die Welt hinauszieht, um Veränderungen zu bewirken. Diese Idee fand ich faszinierend, dass man mit dem Medium der Fotografie tatsächlich etwas bewirken kann. Es war auch der Aspekt, dass man Abenteuer erleben kann, die Welt kennen lernt, ein spannendes Leben führt, welches gleichzeitig einen Sinn macht. Dass man eine Mission in seinem Leben hat.

Was genau ist denn deine Mission?

Da gibt es einerseits das egoistische Motiv, dass man, ganz platt gesagt, Abenteuer erleben und Reisen kann, dass man das Privileg hat und nutzt, Geschichte miterleben zu können. Andererseits braucht man auch sich selbst gegenüber eine Rechtfertigung und das ist die Tatsache, dass ich es immer noch sehr wichtig finde, diesen Beruf auszuüben, diese Länder zu bereisen und das, was dort passiert, zu kommunizieren.

Du hast also auch die Hoffnung, dass deine Fotografie etwas bewirkt?

Ja, aber es ist relativ banal, was ich damit bewirken will. Ich habe nicht die Hoffnung, einen Krieg damit zu beenden. Das wäre ein viel zu hoher Anspruch. Ich will Menschen berühren, ich will eine emotionale Verbindung schaffen zwischen denen, die ganz woanders leben und den Menschen, die hier sind.

Siehst du dein Engagement im Bereich der Kriegs- und Krisenfotografie auch als eine geschickte Möglichkeit, dir aus dem Allerlei der Reportagefotografie ein Alleinstellungsmerkmal zu erarbeiten?

Nein, diese Art der Fotografie war von vorneherein mein Wunsch und Antrieb und der Markt haben damit nichts zu tun. Da hätte es andere Nischen gegeben, die weniger schwierig und weniger risikoreich sind.

»Hazrat Ali, ein 16-jähriger Flüchtling aus Afghanistan, wärmt sich an einem Feuer. Die Situation in den Baracken in Belgrad im Winter 2016/2017 war dramatisch. Sie galt als Symbol für das Versagen Serbiens im Umgang mit Flüchtlingen«, erläutert Daniel Etter zu seiner im Auftrag des UNHCR entstandenen Arbeit. »Tatsächlich war die Situation komplizierter. Viele waren dort, weil sie sich mit Schmugglern treffen konnten und nicht – wie in den offiziellen Zentren am Stadtrand – von der Kommunikation mit diesen abgeschnitten sein wollten.«
»Ein Mann aus Marokko steht vor Mazedonischen Grenzschützern. Die Idee eines freien und offenen Europas wurde im Herbst 2015 in Frage gestellt. Überall gingen damals Zäune hoch. Selten kann man politische Entscheidungen so direkt in Bilder übersetzen.«

Allgemein gibt es ja bei den Redaktionen und den Leser*innen eine Ermüdung gegenüber der Reportage- und der Krisenfotografie. Wie gehst du damit um?

Ich glaube nicht, dass es eine Ermüdung auf Seiten der Leserschaft gibt. Es ist eher die Vielfalt der Informationsmöglichkeiten, die es schwieriger macht, Aufmerksamkeit für ein spezielles Thema zu erreichen. Es ist mehr eine Überfrachtung als eine Ermüdung. Gleichzeitig stimmt, dass es immer weniger Platz und immer weniger finanzielle Mittel für Reportagen gibt. Von der Reportagefotografie allein könnte ich nicht leben. Vom Verdienst aus den Reportagen des letzten Jahres hätte ich vielleicht die Kosten für mein Essen bestreiten können. Dementsprechend stelle ich mich breit auf und arbeite nicht nur für Magazine, sondern bemühe mich auch um Stipendien und kommerzielle Aufträge, halte Vorträge und kümmere mich um Aufträge von Magazinen, die nicht so bekannt sind für Reportagefotografie.

Meine Frage zielte eher auf die konkrete Fotografie bzw. Bildsprache ab. Welche Kriterien muss deiner Meinung nach eine Fotografie heute erfüllen, damit sie als interessant und neu wahrgenommen wird?

Schwierige Frage. Ich glaube, es hat sich nicht so viel geändert, seitdem wir die Grundprinzipien von Lichtführung, Komposition und Perspektive gelernt haben. Die stärksten Reaktionen bekomme ich auf Bilder, die darüber hinaus Emotionen einfangen und diese auch weitertransportieren.

Wie würdest du deinen eigenen fotografischen Stil beschreiben?

Das ist für mich eher keine intellektuelle Frage, es ist etwas, das von innen kommt. Die Bilder, bei denen ich selbst vor Ort am meisten gefühlt habe, sind meist auch die Bilder, die andere am stärksten berühren. Wie das nun genau passiert, kann ich nicht erklären. Wichtiger als diese Frage ist für mich die Haltungsfrage. Wenn ich als westlicher weißer Mann in arabische Länder fahre, muss ich sehr bewusst damit umgehen, wie ich diese Länder oder das, was dort passiert, darstelle und wie ich mit den westlichen Stereotypen umgehe.

Wie vermeidest du denn Stereotype bzw. Klischees?

Das ist schwierig, vor allem, wenn einem diese so direkt präsentiert werden. Ein Bild aus Syrien von mir zeigt eine Szene mit einem ausgebombten Panzer vor einer zerstörten Moschee, auf dem Kinder spielen. Von dieser Szene gibt es dutzende Fotografien: Fast jeder Fotograf, der 2012 in Syrien gearbeitet hat, fotografierte dieses Bild. Es wurde in unzähligen Kontexten veröffentlicht und ist vielleicht eines der meistgedruckten Motive aus dem Syrienkrieg. Natürlich ist das ein starkes Klischee, dessen ist man sich bewusst, aber gleichzeitig wird es ständig genutzt, weil es so einfach ist und alles zusammenfasst: ein islamisches Land, Krieg, Zerstörung und Zivilisten – ohne dabei zu viel Leid zu zeigen. Man versucht das natürlich zu vermeiden und zu brechen und Bilder zu machen, die komplexer sind. Die später veröffentlichten Fotografien sind aber doch eher die einfacheren Bilder.

»Eine zerstörte Moschee und ein Panzer in der Stadt Azaz. Es gibt wohl kaum eine Szenerie aus dem syrischen Bürgerkrieg, die so oft fotografiert und so oft gedruckt wurde. Jeder Fotograf, der im Sommer 2012 vor Ort war, hat ein Bild davon. Es ist einfach, eindeutig und nicht zu grafisch.«
»Jungen in Aleppo blicken aus ihrer Wohnung in den Himmel, wo Kampfjets kreisen und immer wieder im Sturzflug und mit Maschinengewehrfeuer in die Stadtlandschaft hinabtauchen. Für mich sagt das Bild mehr über die Folgen des Krieges aus, als es die eigentlichen Kampfhandlungen machen würden.«
»Fatima Akramah trauert um ihren getöteten Sohn. Damals schlug der Aufstand gegen Assad in einen Bürgerkrieg um.«

Inwieweit beeinflusst dich der doch überhitzte Bildermarkt, der immer nach noch sensationelleren Bildern in diesem Genre verlangt?

Ich bin in der komfortablen Situation viele Auftragsarbeiten zu machen, so dass die Redaktionen meine Bilder einfach nehmen müssen (lacht). Gleichzeitig gibt es von den Redaktionen eine gewisse Erwartungshaltung, die ich bei meiner Arbeit auch berücksichtige und so weit bediene, wie es die Situation vor Ort erlaubt.

Es gibt dann aber auch Situationen, wie ich sie letzten November im Jemen erlebt habe, da bin ich zwar an der Front, aber was man letztlich sieht, ist ein Pickup mit Maschinengewehr, der verloren auf einer Düne in der Wüste rumsteht, die Frontscheibe mit einer Decke abgedunkelt, so dass man in der Kabine schlafen konnte. Kein aufregendes Motiv, aber das war das Bild, welches ich von dieser Situation mitgenommen habe: Ein chaotischer Krieg im Zustand der Trägheit. Es entsprach viel mehr der Stimmung, als wenn ich Kämpfer mit Waffen fotografiert hätte …

War dann die Redaktion zufrieden, oder fragten sie: Wo ist denn der Krieg?

Ja, so ein bisschen (lacht). Letztlich war es eine Geschichte, die fünf Bilder bekam und in meiner großen Auswahl gab es natürlich Motive, wo man erkennen konnte, dass es ein Kriegsgebiet war. Ich hätte vermutlich eine andere Bildauswahl getroffen, die dann aber vielleicht für den Leser eines Nachrichtenmagazins zu komplex gewesen wäre. Einerseits habe ich einen Anspruch an mich selbst, aber der Auftraggeber hat auch einen Anspruch an mich, den ich erfüllen muss und wenn ich bestimmte drei Szenen nicht habe, muss ich mich auf eine Diskussion mit den Redakteur*innen gefasst machen. Da versuche ich, für mich eine Balance zu finden. Aber im Nachrichtenkontext muss man auch mit Klischees arbeiten, um möglichst schnell zu kommunizieren, wo man ist und um was es geht.

»Wieder die öde Front. Für das, was wir im Jemen gesehen haben, ein repräsentatives Bild – aber sicherlich keines, das oft gedruckt werden wird«, glaubt Daniel Etter.
»Dieser Mann an einer zerstörten Tankstelle schien tief in Gedanken versunken zu sein und kein Ziel zu haben. Er lief von der einen Seite auf die andere und wieder zurück, auf der Suche nach etwas, dass er erst finden müsste, um zu verstehen, was er gesucht hatte. Für mich ist diese Szene ein Sinnbild der Situation, in der sich das Land befindet. Seit 15 Jahren folgt im Jemen ein bewaffneter Konflikt auf den nächsten. Mir kam es vor, als sei dieser Krieg nur der Prolog zum nächsten.«

Die meisten Kriege heute sind ja kompliziert in dem Sinne, dass es keine klaren Fronten mehr gibt. Macht das eine fotografische Berichterstattung nicht sehr schwierig, da Täter und Opfer kaum mehr zu unterscheiden sind?

Eine Fotografie existiert ja nicht als Insel, sondern meist in einem Kontext wie einer geschriebenen Geschichte, die die Umstände genauer erklärt. Die Fotoberichterstattung hat aber auch ein Limit. Fotos haben die Aufgabe, Emotionen zu transportieren und das auf einem ganz einfachen, fast animalischen Niveau. Die Komplexität eines Krieges wie im Jemen oder in Syrien kann dabei nicht abgebildet werden. Trotzdem gibt es in diesen asymmetrischen Kriegen immer noch Täter und Opfer – Menschen, die unbeteiligt sind und leiden.

Alle reden von einer Krise des Fotojournalismus, während die Wichtigkeit von Bildern, der sogenannte visuelle Content, als enorm wichtig eingestuft wird. Wie erklärst du dir diesen Widerspruch?

Fotografie ist handwerklich wesentlich einfacher geworden, sie ist demokratisiert worden, jede und jeder kann es machen. Gleichzeitig ist die Qualität deutlich gestiegen und der Markt ist inzwischen ein reiner Käufermarkt geworden. Dadurch schwindet auch die Wertschätzung für die Produzent*innen.

Macht der aufklärerische Impetus von Kriegsberichterstattung heute noch Sinn?

Er macht immer noch Sinn und ist auch immer noch wichtig. Es gibt nach wie vor Menschen, die sich mit diesen Themen beschäftigen wollen und die Welt besser verstehen wollen. Vielleicht kann ich mit meiner individuellen Arbeit nicht so viel bewirken, aber was wäre, wenn es niemand machen würde? Die Welt würde nicht besser aussehen.

Wenn ich dem keinen Sinn mehr abgewinnen könnte, wäre ich meiner eigenen Arbeit gegenüber sehr zynisch geworden. Das ist eine der großen Gefahren für die Arbeit, die man macht, aber auch für einen persönlich.

Ist es nicht auch ein Problem, wenn Fotografen wie wir, weiße mittelständisch gebildete Europäer, in weit entfernten Ländern und den dazugehörigen Konflikten fotografieren? Besteht nicht die Gefahr eines kolonialistischen Blickes? Wäre es nicht besser, man würde direkt vor Ort Fotograf*innen beauftragen?

Jein. Ich versuche ja, komplexere, differenziertere Bilder zu machen, weiß aber auch genau, welche Bilder später veröffentlicht werden: Diejenigen, die gewisse Klischees erfüllen und die Komplexität herunterbrechen. Ich bin mir nicht sicher, ob das Problem durch Fotograf*innen vor Ort gelöst würde, wenn dafür kein Bewusstsein auf Redaktionsseite besteht.

Ein Fotograf vor Ort hätte aber die besseren Zugänge, er spricht die Landessprache, er hat bessere Ortskenntnis…

Ja, gewiss, aber als Fotojournalist*in oder als Schreiber*in leistet man eine Übersetzung für eine bestimmte Leserschaft. Das meint, dass ich dort so recherchiere und fotografiere, dass ich die Vorkenntnisse des Publikums hier mit in Betracht ziehe. Es kann sein, dass das ein kolonialistisches Element in sich trägt, aber grundsätzlich wäre das Problem nicht dadurch gelöst, dass man nur noch lokale Fotograf*innen anheuert, weil diese Übersetzungsleistung dann fehlen würde. Verstehe mich nicht falsch, ich bin absolut dafür, lokale Fotograf*innen anzuheuern, wo immer es geht, aber ich sehe auch weiterhin großen Wert darin, dass man reist, um zu verstehen.

Nach wie vor sind die meisten Krisen- und Kriegsfotografen männlich. Was sind deiner Meinung nach die Hintergründe?

Das ist teils sicher auf eine nach wie vor starke Machokultur zurückzuführen, die ich selber oft erlebe. Ich bin auch schon für Aufträge engagiert worden, bei dem der Schreiber explizit einen Mann als Fotografen gefordert hat, was mich selbst etwas gewundert hatte. Es gibt einen kleinen Prozentsatz an Frauen in diesem Feld, aber nicht annähernd fiftyfifty…

Was hindert denn Fotografinnen daran, in diesem Feld zu arbeiten?

Ich kann das als Mann schwer beantworten, aber gerade in einem militärischen Kontext – egal ob das die Bundeswehr, das amerikanischen Militär oder jemenitische Rebellen sind – es sind eben fast immer Männer, mit denen man zu tun hat.

Lieber Daniel, Danke für das offene und interessante Gespräch.

INFO

Daniel Etter, geboren 1980, arbeitet als Fotojournalist, Autor und Filmemacher. Er studierte Politikwissenschaften und absolvierte die Deutsche Journalistenschule in München.

Er arbeitet vor allem in Konfliktgebieten für deutsche und internationale Magazine und Organisationen, wie z.B. New York Times, Newsweek, Spiegel, Stern, Time Magazine, Human Rights Watch und UNHCR.

Für seine Fotografie wurde er mit dem Pulitzer-Preis, dem John-Faber-Preis des Overseas Press Club of America ausgezeichnet und erhielt einen dritten Platz beim World Press Photo sowie eine ehrenvolle Erwähnung bei Pictures of the Year International. Sein Foto von den Gezi-Park-Protesten in Istanbul wurde vom TIME Magazine und der New York Times als eines der besten Fotos des Jahres 2013 ausgewählt. Für seine geschriebenen Geschichten erhielt er den Hansel-Mieth-Preis, den Axel-Springer-Preis und den Hans-Buchrucker-Preis.

www.danieletter.com

Foto: Tamina-Florentine Zuch
Foto: Tamina-Florentine Zuch


Andreas Herzau 
setzt sich als Fotograf, Hochschuldozent und Autor künstlerisch, theoretisch und angewandt mit Fotografie auseinander. Als dokumentarisch arbeitender Fotokünstler mit eigenständiger und oft überraschender Bildsprache erweitert er in seinen Arbeiten die Grenzen der klassischen Reportagefotografie, durchbricht Sehgewohnheiten und hinterfragt damit nicht zuletzt soziale Wahrnehmungs-Stereotype. Essayistisch-narrative und analytisch-abstrahierende Elemente werden in Herzaus intensiven Fotos zu dichten Bildgeschichten verknüpft, die er in Buchprojekten, Ausstellungen und Zeitschriften veröffentlicht. Neben seiner künstlerischen Arbeit am Bild publiziert er Texte und Essays über Fotografie.

www.andreasherzau.de