Stefanie Silber für »Laute Stille« ausgezeichnet
Mit ihrer Fotoarbeit »Laute Stille«, in der sie Familien mit Sternenkindern begleitet, gewinnt die Fotostudentin Stefanie Silber den VGH Fotopreis 2021. Als Sternenkind bezeichnet man Kinder, die vor, während oder kurz nach der Geburt verstorben sind. Laute Stille hören deren Eltern nach der Geburt und auch, wenn sie anderen davon erzählen möchten: »Ihr seid doch noch jung«, »Es war ja erst die achte Schwangerschaftswoche«, »Ihr habt zum Glück schon Kinder«. Wenn wir relativieren, kann Leid aushaltbar werden. Oder ausgrenzen. Abschied, Schmerz und Trauma sind Lebensthemen. Trauer ist meist unsichtbar und weitgehend ein Tabu. Der Tod von Kindern ist ein Tabu im Tabu. Mit ihrem Projekt »Laute Stille« gelingt es Stefanie Silber, ein in der Gesellschaft weitgehend verstecktes Thema, das dennoch im Alltag vieler Familien präsent ist, behutsam zu Sichtbarkeit zu verhelfen.
Der Fotopreis der VGH Versicherungen ist mit 10.000 Euro bundesweit eine der höchstdotierten Auszeichnungen im Bereich Fotografie. 2021 wird er bereits zum 14. Mal ausschließlich unter den Studierenden des Studiengangs »Fotojournalismus und Dokumentarfotografie« der Hochschule Hannover vergeben. In diesem Jahr haben sich 30 Studierende um den Preis beworben.
Neben der Preisträgerin Stefanie Silber erhielten als Finalist:innen des Juryauswahlprozesses fünf weitere Projekte eine lobende Erwähnung der Jury:
In Anna Fritsches Projekt »Weil es nie einen richtigen Ort dafür gibt« erzählen betroffene Frauen von ihren Erlebnissen mit sexualisierter Gewalt und teilen ihre Gefühle und ihre Traumata.
Um die körpernahste aller Tätigkeiten geht es in Helena Lea Manhartsbergers Arbeit »sex work – lock down«, mit der sie ein vielschichtiges Porträt der Sexarbeit während des Lock Downs in Österreich erarbeitet hat.
Ole Witt hingegen sucht mit »Food Sync« eine Annäherung an die Zukunft der Ernährung, die eine wachsende globale Bevölkerung und die Folgen des Klimawandels zu erfordern scheinen.
In »Medical Engineering« widmet sich Aristidis Schnelzer den rasanten Entwicklungen im Bereich der Medizin: bionische Prothesen, die durch Nervenimpulse steuerbar sind, Roboter die die Bewegungsfähigkeit von Schlaganfallpatient:innen wiederherstellen, Implantate die gehörlose Personen wieder hören lassen.
Ausgehend von den Fotoalben seiner Familie erzählt Malte Radtki in »Vexierbild 1917-’62« die Geschichte seines Großvaters, dessen Nazivergangenheit in den frühen Jahren der BRD in bürgerliche Zivilität umbricht.
»Ich bin beeindruckt von der thematischen Diversität der Einsendungen – vor allem wenn man bedenkt, dass die Arbeiten hauptsächlich in einer für alle schwierigen Phase entstanden sind. Insbesondere die Serien der Schlussrunde zeichnen sich durch ihre hohe visuelle Qualität, Intensität der Recherchen und Stringenz der Narration aus. Dabei muss herausgehoben werden, dass einige gesellschaftliche Tabuthemen bearbeitet wurden, die sich äußerst schwer darstellen lassen, in der Umsetzung aber sehr überzeugten«, so Dr. Franziska Kunze, Sammlungsleiterin Fotografie und Zeitbasierte Medien der Pinakothek der Moderne in München, über den diesjährigen Juryauswahlprozess.
Die Fachjury, die über die Vergabe des VGH Fotopreises 2021 entschieden hat, bestand aus Henner Flohr, Leiter der F.A.Z.- Bildredaktion; Thorsten Gerke, Bildredaktion des Spiegel; Sophia Greiff, Autorin und Kuratorin für Fotografie; Dr. Franziska Kunze, Fotografie und Zeitbasierte Medien, Pinakothek der Moderne in München; Lara Huck, Bildredaktion Die Zeit; Trixi Rossi, Geo-Bildredaktion; Andreas Trampe, Bildredaktion des Stern und einer Vertreterin der VGH-Versicherungen.
Galerie für Fotografie (GAF)
Seilerstraße 15d
30171 Hannover
gafeisfabrik.de
Öffnungszeiten
Die Galerie ist donnerstags bis sonntags von 12 bis 18 Uhr geöffnet.
Geöffnet auch am 1. und 2. Weihnachtstag und an Neujahr.
Der Eintritt ist frei.
Für den Besuch der Galerie gilt die 2G-Regelung und Maskenpflicht.