Mut der Generationen. Lesbisches Selbstverständnis im Wandel der Zeit
Noch vor etwa einem halben Jahrhundert hatte der Soziologe Erving Goffman Homosexualität »beschädigter sozialer Identität« zugeordnet, die das »Individuum von der Gesellschaft und von sich selbst trennt.« Seither hat die LGBTI*-Community auf ihrem langen Weg zur Akzeptanz und Gleichstellung vieles erreicht. »Die Münchenstift versteht sich als Dienstleisterin für alle Münchener Senior:innen. Daher ist es uns wichtig, diskriminierungsfreie Räume für LGBTI*-Bewohner:innen und -Mitarbeitende zu schaffen. Die Vielfalt der Münchner Stadtgesellschaft soll sich bei uns widerspiegeln. Dafür schufen wir bereits 2014, im Rahmen eines städtischen Pilotprojektes unter der Leitung des Sozialreferats, die Stabsstelle Vielfalt«, so der Geschäftsführer der Münchenstift GmbH Siegfried Benker.
Mitte letzten Jahres reifte bei den Mitarbeiter:innen dieser Stabstelle die Idee heran, lesbische Frauen unterschiedlicher Generationen zu porträtieren. Eine Ausstellung über den Mut zur Sichtbarkeit und über das Selbstverständnis dieser Frauen sollte entstehen. Für die Umsetzung in Form eines Foto- und Textprojektes wurden die Fotografin Bethel Fath und die Ethnologin und Übersetzerin Gertraud Rieger beauftragt.
»In den sechziger Jahren begannen homosexuelle Frauen, mutig für größere gesellschaftliche Akzeptanz einzustehen. Insbesondere in den vergangenen 20 Jahren wurden sie sichtbarer, und nun scheinen Lesben in der Mitte der Gesellschaft angekommen zu sein. Gemeinsam mit Bethel und Traudel stellten wir uns folgende Fragen: Wie sehen lesbische Frauen heute die Welt? Wie schaut die Welt auf sie? Welche Lebensentwürfe sind denkbar? Wie wollen Lesben die Zukunft und ihr Leben im Alter gestalten?«, so Franziska Perek von der Stabsstelle Vielfalt.
Am Ausstellungsprojekt nahmen zwanzig Frauen im Alter von 17 bis 87 Jahren teil. Gertraud Rieger und Bethel Fath luden jeweils zwei von ihnen zu einem etwa einstündigen moderierten Gespräch ein und suchten nach Antworten. »Bis auf ein Gesprächspaar hatten sich die teilnehmenden Frauen vorher noch nie gesehen. Wir veranstalteten sozusagen eine Art Blind-Date. Dies führte zu höchst spannenden und aufschlussreichen Dialogen. Das Thema Sichtbarkeit beinhaltet nämlich nicht nur den Mut, sich offen in einer heteronormativen Gesellschaft zu zeigen, sondern auch den Aspekt der eigenen Erkenntnis und Weltsicht«, so Gertraud Rieger.
In der Ausstellung »Mut der Generationen. Lesbisches Selbstverständnis im Wandel der Zeit« öffnet sich ein üppiger Blumenstrauß verschiedener Meinungen, Haltungen und Lösungswege für ein erfülltes Leben. Mutige und großartige Frauen zeigen sich und strahlen Selbstbewusstsein und Zufriedenheit aus. Sie erzählen, welche Möglichkeiten sie nutzen, ihre eigenen Wege zu gehen und neue zu finden. Vielfalt und Buntheit sind kennzeichnend für die Lebensentwürfe der porträtierten lesbischen Frauen. Eine Pluralität, die bisherige verbreitete Vorstellungen über Lebensgestaltung erneuert und bereichert.
Die Ausstellung wurde gefördert durch die Regenbogenstiftung, sowie durch das Sozial- und Kulturreferat und die Gleichstellungsstelle für Frauen der Landeshauptstadt München. Sie wird ein Jahr lang an verschiedenen Orten in München gezeigt. Aktuell ist sie in der Hauptverwaltung der Münchenstift GmbH und im Haus Heilig Geist zu sehen.
Derzeit ist zum Besuch der Ausstellung eine Anmeldung bei Münchenstift erforderlich: stabstelle-vielfalt@muenchenstift.de
Münchenstift (Hauptverwaltung)
Kirchseeoner Straße 3
81669 München
www.muenchenstift.de
Haus Heilig Geist
Dom-Pedro-Platz 6
80637 München
www.muenchenstift.de/heilig-geist