Ausstellung
Johanna Breede Photokunst

Frühling

21. März - 10. Juni 2022

Text: Jana Kühle

Frühling, das bedeutet Verheißung. Die letzten Märzstürme haben das vorige Jahr längst hinfortgepustet, die Tage tragen wieder Grün, die Natur wird wieder verschwenderisch. Sie schüttelt uns aus unserer Winterruhe, steigert die Lust auf Frohsinn und Heiterkeit, auf Licht und Verliebtheit. Auch in der Fasanenstraße in Berlin ist der Frühling eingezogen. Johanna Breede hat ihn eigens an die Wände ihrer lichten Galerie gehängt.

An einer Wand küsst sich ein Paar, es ist 1955 und der Münchner Fotograf Stefan Moses spaziert mit beobachtenden Augen und offener Kameralinse durch die Welt. Bei der Fotografin Lillian Birnbaum werden junge Ausflügler*innen stadtflüchtig und streben hinaus in die Natur. Es knospt in einem Dyptichon von Isa Marcelli, vor Ulrike Ottingers Kamera trotzt ein zartes Grün dem gar nicht ewigen Eis und die Kleider auf dem Markt von Odessa tragen florales Bunt.

Sogar im Schwarzweißbild geht es lebendig zu: Bei Max Scheler etwa tragen zwei Damen ihre Lockenwickler hinaus in einen protestreichen Frühlingstag des Jahres 1959. Hannes Kilian nimmt uns mit zurück auf eine Frühlingswiese in die späten Dreißiger, auf der drei junge Frauen übermütig über sattes Wiesengrün tanzen.

Vor Robert Lebecks Linse tanzen im spanischen Cullera sogar die Wäscherinnen. Aufgenommen hat der bekannte Fotoreporter das Bild am 21. März 1964, pünktlich zum Frühlingsbeginn. Als die Wäscherinnen erfahren, dass es der Geburtstag des Fotografen ist, lachen und tanzen sie für ihn und feiern seinen 35. Geburtstag.

Springtime, Mai 2021. Foto: Nomi Baumgartl

Gleich mehrfach sind in der Frühlingsausstellung Schafe abgelichtet, ein Symbol für Fruchtbarkeit und neues Leben. So nimmt uns die Fotografin Gundula Schulze Eldowy mit in südöstlichere Gefilde, nämlich in die altägyptische Nekropole Sakkara der 90er-Jahre, wo sie für ihre Ägyptischen Tagebücher einen Jungen doppelbelichtet, der unter blühenden Bäumen auf den Rücken von Schafen ruht. Ein Platin Print von René Groebli, der mit seinen heute 94 Jahren der einzig noch lebende Fotograf der legendären Ausstellung »Family of Man« ist, zeigt eine Schafherde mitsamt Schäfer. Noch tragen die Tiere dichtes Winterfell, doch der Vorfrühling liegt in der Luft und schon bald werden Osterlämmer über die Wiese springen.

Und dann sind da noch der alte Mann und der Vogel. Thomas Hoepker hat seit jeher ein Gespür für die leisen Momente auf dieser Welt. Während einer Peking-Reise begegnet er kurz nach Sonnenaufgang im Ritan-Park einem alten Chinesen, der auf einer Bank mit seiner zahmen Amsel Zwiesprache hält. Ein Frühlingsbild, das zeigt: Als Langzeitbeobachter hat der bekannte Magnum-Fotograf nicht nur Menschen wie der Boxlegende Muhammad Ali oder Ereignissen wie dem 11. September Aufmerksamkeit geschenkt, sondern auch den vermeintlichen Nebenschauplätzen. Bis heute nimmt er sich die Zeit für den Menschen und seine Geschichten – ebenso wie Johanna Breede, die ihnen wie auch den Jahreszeiten in ihrer Galerie ein Gesicht gibt. Alles glänzt vor lauter Licht in der facettenreichen Ausstellung.

Drei Mädchen auf einer Frühlingswiese, 1938. Foto: Hannes Kilian

»Die Tage wollen länger werden«, dichtete einst die Schriftstellerin Ingeborg Bachmann. Zeit also für einen frühlingshaften Flaniergang in die Fasanenstraße 69.

Mit Arbeiten von Nomi Baumgartl, Sibylle Bergemann, Lilian Birnbaum, Norbert Bunge, René Groebli, Thomas Hoepker, Monique Jacot, Hannes Kilian, Koichiro Kurita, Robert Lebeck, Herbert List, Isa Marcelli, Vera Mercer, Stefan Moses, Valentina Murabito, Ulrike Ottinger, Marek Poźniak, Beat Presser, Sheila Rock, Max  Scheler, Gundula Schulze Eldowy, Wolfgang Sievers und Donata Wenders.

Frühling
21. März bis 10. Juni 2022

Johanna Breede Photokunst
Fasanenstraße 69
10719 Berlin
www.johanna-breede.de

Öffnungszeiten
Dienstag bis Freitag  11 bis 18 Uhr
Samstag nach Vereinbarung