Ausstellung
Andreas Teichmann

Durch Deutschland

26. Februar - 17. April 2022

Der Fotograf Andreas Teichmann wagte ein Experiment. In 101 Tagen durchwanderte er zweimal Deutschland: 2017 von West nach Ost, 2019 von Süd nach Nord. Insgesamt 2.270 km war er unterwegs, im Rucksack seine Großbildkamera mit einer Auflösung von 100 Millionen Pixeln. Entstanden ist eine visuelle Bestandsaufnahme von Deutschland – von Orten, Menschen und ihren Geschichten:

Auf meinen Wanderungen lernte ich, wie vielseitig unser Land ist und wie natürlich schön. Und gebe die Empfehlung zum Nachmachen.

»Typisch deutsch«, das gibt es vielleicht gar nicht. Auf meinen beiden Reisen von West nach Ost und von Süd nach Nord bin ich durch vielseitige Kultur- und Sprachräume gewandert. Wie unterschiedlich wir sprechen, wie manchmal schon zwischen zwei Orten die Mundart der Leute wechselt. Dort, wo die Grenze zwischen Ulm und Neu-Ulm verschwimmt, machte ich einmal den Fehler, Schwaben als Bayern zu bezeichnen. Für die Menschen durchaus eine ernste Sache! Aber ich lernte ja dazu!

Tag 32, Sachsen-Anhalt, Karsdorf. Ein Gewitter zieht auf. Sanierungsarbeiten an der Nebraer Strasse. Die Unstruttalbrücke, mit 2668 Metern die zweitlängste Eisenbahnüberführung in Deutschland, gehört zur neuen Hochgeschwindigkeitsverbindung Berlin-München. Foto: Andreas Teichmann

Deutschland besser verstehen. Bevor ich zweimal auf Tour ging, den Rucksack packte und für fast 15 Wochen aus dem gewohnten Leben ausstieg, meinen Alltag nun auf Wanderpfaden verbrachte, war das mein Ziel. Erlebt habe ich ein wunderbar buntes und vielfältiges Land.

Besonders die Herzlichkeit der Menschen auf den Dörfern wärmte. Obwohl ich keinen Alkohol trinken wollte, zählen meine Reisebilanzen einige spontane Schnäpse mit Frauen und Männern, die mich an Wegesrändern, in Scheunen und Schuppen auf einen Kornbrand oder Likör einluden. Es entstanden Momente, die sich mir eingebrannt haben.

Tag 44, Sachsen, Dresden. Hung (38) und seine Frau Trang (28) lassen Hochzeitsbilder vor der klassischen Ansicht von Dresdens Altstadt machen. Die beiden Vietnames*innen leben seit 20 Jahren in Deutschland und betreiben jetzt ein Restaurant in Leipzig. Foto: Andreas Teichmann
Tag 39, Niedersachsen, Bergen-Belsen. Im Dokumentationszentrum der Gedenkstätte Bergen-Belsen begegne ich Diego Bernardini (Jahrgang 1973) aus Zürich. Der Schweizer besucht seit Jahren Gendenkstätten von ehemaligen Konzentrations- und Vernichtungslagern. »Vergessen heißt Verraten« ist sein Credo. Heute ist er das erste Mal in Bergen-Belsen. Angefangen hat es vor 12 Jahren, da war er im KZ-Buchenwald. Das hat ihn so sehr berührt, dass er danach das Gefühl hatte, er muss weitere Orte aufsuchen. Eine Lehre, die er daraus zieht, ist der Respekt vor dem Leben. Foto: Andreas Teichmann

101 Tage war ich insgesamt auf Reisen – geblieben sind hunderte Begegnungen, tausende Bilder, Erinnerungen an das kurzweilige Eintauchen in neue Lebenswelten. Ich erlebte und fotografierte knorrige, aber liebenswürdige Wirtinnen und schweigsame Pferdeliebhaber, traf alte Freund*innen und lachte mit unbekannten Mitmenschen, die alsbald Bekannte wurden.

Die überraschendste Lehre meiner Wanderungen hatte aber nichts mit zufälligen Begegnungen zu tun: Es ist die atemberaubende Schönheit des Landes, die ich intensiver erblickte als jemals zuvor aus Auto- oder Zugfenstern. Als Kind des Ruhrgebiets, das zwischen alten Zechen und viel Beton aufwuchs und später eine Familie gründete, hatte ich wohl nie erwartet, dass Deutschland so weitläufig grün ist.

Andreas Teichmann.
Durch Deutschland
26. Februar bis 17. April 2022

Am Freitag, den 1. April 2022 findet um 19:30 Uhr ein Künstlergespräch mit Andreas Teichmann statt.

Städtische Galerie Iserlohn
Theodor-Heuss-Ring 24
58636 Iserlohn
www.iserlohn.de/kultur/

Öffnungszeiten:
Mittwoch bis Freitag 15 bis 19 Uhr
Samstag 11 bis 15 Uhr
Sonntag 11 bis 17 Uhr