Ausstellung
Nicole Strasser

Ans Meer

16. Februar - 26. März 2023

Wir Menschen lieben und fürchten das Meer. Das Meer hat etwas Verbindendes, es vereint unterschiedliche Kulturen, es ist Nahrungsquelle und zunehmend auch Vergnügungsort. Das Meer: ein Symbol für Freiheit, es inspiriert und verbreitet Fernweh – es ist ein Sehnsuchtsort! Nicole Strasser, Absolventin der Hochschule Hannover, zeigt in der GAF sechs Serien, deren Schauplätze am Meer liegen und die alle in der Zeitschrift mare veröffentlicht wurden. Dabei hat die Fotografin in ihren Fotos kaum ein Thema ausgelassen, auf das man trifft, wenn man häufiger »ans Meer« reist.

Ihre Bilder führen u.a. in die Bettenburg-Szenerie des spanischen Urlaubsortes Benidorm, der in rasender Geschwindigkeit von einem kleinen Fischerdorf zu einer gewaltigen Hochhauslandschaft mutierte und deswegen auch Benihattan oder Beniyork genannt wird. Hier hat man von fast jedem Hotel »Zimmer mit Meerblick« und nahezu alle menschlichen Ansprüche an einen Sommerurlaub können hier befriedigt werden: Sonne, Strand, Sex und Sangria.

Benidorm. Die Touristenmetropole ist nach Manhattan die Stadt mit den meisten Hochhaeusern pro Quadratkilometer. Blick auf den Playa de Levante. Foto: Nicole Strasser.

Die Stadt Blackpool ist das britische Paralleluniversum zu Benidorm. Ebenfalls geschaffen für die flüchtigen Amüsements der Arbeiterklasse. Die Folgen profaner Tourismusindustrie sind auch hier deutlich sichtbar.

Blackpool, das während seiner Blütezeit von der Hälfte aller Briten mindestens einmal im Jahr besucht wurde, verfällt nicht ehrenvoll, mit Anstand und Stil, es verkommt, langsam, aber stetig. Die Stadt ist nur mehr das Zentrum für Stag- und Hen-Partys geworden, für hemmungslose Besäufnisse von Brautleuten am Vorabend der Hochzeit.

Blackpool. Hotelangestellter vom Hotel Inglewood. Foto: Nicole Strasser.

In Biarritz beeindruckt noch immer der einstige Prunk und das Mondäne seiner Gründerzeit, als Napoleon der Dritte die Villa Eugénie als Sommerresidenz am Fuß der Pyrenäen bauen ließ. Mit dem Anschluss ans Eisenbahnnetz entstanden Luxushotels und Residenzen und Biarritz wurde der Bade- und Urlaubsort der Reichen und Schönen. Davon ist nur noch verblichener Glanz geblieben, auch wenn in den Luxushotels alles getan wird, um den Ruf des ehemaligen Kosmopolis zu erhalten.

Ein komplett anderer Mikrokosmos ist Sausalito. 245 Hausboote liegen am Nordende der Golden Gate Bridge in der Bay Area von San Francisco. Während des II. Weltkrieges wurden hier Liberty-Frachter gebaut und nach dem Krieg wurde die Werft zum Niemandsland. Künstler, Musiker, Schriftsteller und Außenseiter kamen und bauten aus Treibgut und Altmetall kostenlos ihr Heim auf dem Wasser und so begann die Geschichte der schwimmenden Hippiekolonie in den wilden 50er Jahren. Heute leben hier Piloten, Ärzte und Wissenschaftler Tür an Tür mit Ex-Pornodarstellern, Ex-Drogendealern und Gesellschaftsaussteigern.

Sausalito. Foto: Nicole Strasser.

Whittier ist ein distopisch anmutender Ort am Ende der Welt, gelegen an einer Bucht im U.S.-Amerikanischen Alaska, und lediglich durch einen 4 Kilometer langen Tunnel erreichbar. Dominiert wird der Ort, der bis 1960 eine Militärbasis war, durch die beiden Großbauten Begich Towers und das Bruckner Building, damals eines der größten Gebäude Alaskas. Während das Buckner Building 1966 nach dem Abzug der Soldaten geschlossen und dem Zerfall überlassen wurde, wurden die Begich Towers vom Bundesstaat Alaska übernommen und 1973/74 zu einem Apartmenthaus umgebaut.

Der 14-stöckige Bau beherbergt heute nicht nur den Großteil der Einwohner des Ortes, sondern auch die gesamte Infrastruktur der Stadt, wie die Verwaltung und Behörden der Gemeinde, Einkaufsmöglichkeiten, ein Hospital, Post, Bank, Kirche, Waschsalon, ein kleines Hotel (8 Suiten im obersten Stockwerk) sowie eine Freizeitanlage mit Schwimmbad und Fitnessräumen. Das hat dem Ort den Beinamen »Stadt unter einem Dach« eingebracht.

Whittier. Foto: Nicole Strasser.

Paris, für viele noch immer die schönste Stadt der Welt und Zentrum von Künstlern und Lebenskünstler aller Art, hat die Entwicklung der Normandie enorm beschleunigt. Denn die Ende des 19. Jahrhundert neu gebaute Eisenbahnlinie brachte die gestressten und erholungssüchtigen Städter bequem und schnell an die Küste der Normandie. Und so entwickelte sich die ländliche und etwas schroffe Normandie in Windeseile zu der Ferienregion der geschäftigen Städter und zum Refugium der Künstler: Claude Monet, Marcel Proust, Delacroix, Matisse, Flaubert, Maupassant, Vallotton, Renoir. Sie alle malten hier.

Die Fotografin Nicole Strasser wurde 1975 im thüringischen Nordhausen geboren. Von 2000 bis 2009 studierte sie an der Hochschule Hannover Fotojournalismus und Dokumentarfotografie und arbeitet seitdem als freie Fotografin. Ihre Abschlussarbeit über Benidorm öffnete ihr die Tür für eine Zusammenarbeit mit der Zeitschrift »mare«, für die sie zahlreiche Reportagen und einen Bildband über die Normandie fotografierte. Nicole Strasser lebt in Hannover.

 

Nicole Strasser
Ans Meer
16. Februar bis 26. März 2023

Eröffnung am 15. Februar um 19 Uhr mit einem Gespräch zwischen Autor Christian Schüle und Fotografin  Nicole Strasser

Galerie für Fotografie (GAF)
Seilerstraße 15d
30171 Hannover
www.gafeisfabrik.de

Öffnungszeiten
Donnerstag bis Sonntag 12-18 Uhr