Juni bis September 2018
Breaking Point. Searching for Change

7. Triennale der Photographie Hamburg 2018

7. Juni - 30. September 2018

320 Künstler, 80 Orte, 90 Events, 1 Festival: Am Donnerstag, den 7. Juni 2018 wird die 7. Triennale der Photographie Hamburg im Haus der Photographie in den Deichtorhallen eröffnet. Von Juni bis September präsentiert diese an verschiedensten Orten in Hamburg zahlreiche Ausstellungen und weitere Veranstaltungen und lässt die Stadt so für mehrere Wochen zum Zentrum der Fotografie in Deutschland werden.

[ENTER], [HOME], [CONTROL] und [SPACE] – ein Klick auf einen Tastaturbefehl und maßgebliche Entscheidungen gehen ihren Weg, helfen die Welt zu verändern – oder befüllen sie einfach nur mit weiterem Datenmüll. Die klassischen Computerbefehle sind längst alltägliche Praxis und täuschen uns simple, effiziente Steueroptionen vor, wenn es darum geht, Informationen zu versenden und zu verarbeiten – und Wirklichkeit mitzugestalten, ob nun online oder offline, ob virtuell oder materiell. Die fortschreitende Digitalisierung suggeriert uns zunehmend, die heutige Welt wäre simpel und daher per einfachem Tastendruck beherrschbar.

Alta Densidad, Escobedo. Foto: Jorge Taboada

In Wahrheit aber ist das Gegenteil der Fall. Jenseits von Tasten, Befehlen und Screens verkompliziert sich die Welt gerade extrem. Die Entfremdung zwischen Individuum und ihr nimmt im Zeichen expandierender Krisen und Krisenherde extrem zu. Die daraus entstehende Wirklichkeitserfahrung ist die einer Umbruchsituation, eines Breaking Points und damit das Konzept der kommenden 7. Triennale der Photographie Hamburg 2018, die sich zur Aufgabe gemacht hat, diese durch den Blickwinkel der Fotografie wahrzunehmen und zu reflektieren.

»Radikale Veränderung, Krisen und kritische Momente werden häufig diskutiert. Wir können keine Zeitung aufmachen, keinen Film ansehen oder zur Arbeit gehen, ohne direkt oder indirekt mit diesen Begriffen konfrontiert zu werden. Wir stehen auf globaler Ebene sozialen, wirtschaftlichen, ökologischen, biologischen, technologischen und demographischen Veränderungen gegenüber, die letztlich unser aller Leben betreffen.« Dies schreibt Krzysztof Candrowicz, künstlerischer Leiter der diesjährigen Triennale der Photographie, über sein Konzept. Und weiter: »Unsere Gesellschaften wandeln sich schneller, als wir es begreifen können. Technologie hört nicht auf, unsere Gesellschaften zu verändern. Die sogenannten ›Weltkulturen‹, getrieben von einem globalen Markt und vermittelt durch die sozialen Medien, sind eine virtuelle kollektive Illusion. Es herrscht ein dringender Bedarf, zu definieren, zu verstehen und diese neue Wirklichkeit zu steuern. Die Geschwindigkeit und das Ausmaß dieser Veränderungen, wie sie von Menschen wahrgenommen werden, sind schlicht überwältigend.«

Helen and her husband, Chester at the Helen Cafe, 486 6th street, 1980. Foto: Janet Delaney

Rolle und Reaktion der zeitgenössischen Bilderproduktion

Wie aber steht die Fotografie zu dieser Form von verzerrter Lebenswirklichkeit? Wie spiegelt die aktuelle fotografische Bildproduktion die Situation wider? Ist sie ihr 1:1 ausgeliefert, blendet sie sie aus oder liefert sie sogar Lösungsansätze? Im pointierten Gebrauch der Computerbefehle, des digitalen Steuerbords als Schalthebel zur Wirklichkeit, setzt das Konzept der diesjährigen Triennale der Photographie an. Sie greift Symbolik und Optik der Tastatur auf und legt gleichzeitig offen, welche Differenz zwischen den bestehenden Begriffen und Kategorien, auf die Welt zuzugreifen, und den realen Machtverhältnissen liegt – und vor allem, welche Rolle dabei die aktuelle Fotografie als Filter und Katalysator spielt. Welche Funktion können Bilder als Auslöser nehmen, wenn sie viral unendlich multipliziert und distribuiert werden können und sich so ins kollektive Bewusstsein einschreiben? Welche Rolle spielen sie noch in Zeiten einer totalen Bilderflut, in dem das einzelne Bild aufgrund der knappen Ökonomien der Aufmerksamkeit diese nicht mehr erhält?

Hauptstraße in Montgomery, Alabama, 1963. Foto: Thomas Hoepker

»Es gibt vielzählige Möglichkeiten, mit Veränderungen umzugehen. Hinweise, wie diese Veränderungen zu identifizieren sind, können in einem der banalsten, alltäglichen Artefakte gefunden werden – der Computertastatur. Wir benutzen Tasten, um Computer zu bedienen, aber meistens sind wir uns gar nicht bewusst, welche mächtigen Begriffe sich dahinter verstecken. Wir verwenden Tastaturbefehle hunderte Male täglich, ohne über ihre ursprüngliche Bedeutung nachzudenken. Diese Tastaturbefehle werden als Ausstellungstitel dienen und zusammen eine kollektive Geschichte der fotografischen Bildfindung erzählen und dabei zugleich über den Zustand unserer modernen globalen Gesellschaften reflektieren«, so Krzysztof Candrowicz.

Die Themen der Triennale der Photographie

Wie eine symbolhafte Themen-Matrix ziehen sich die Steuerbegriffe so über das gesamte Ausstellungsprogramm der Triennale, an dem traditionell die großen Orte der Fotografie und Institutionen der Kunst in Hamburg mitwirken – ebenso wie Off-Spaces und Galerien. So wird beispielsweise unter dem Stichwort [HOME] die Erfahrung von Heimat und Heimatlosigkeit in unseren heutigen globalen Gesellschaften befragt. Unter dem Begriff [CONTROL] werden in der Hamburger Kunsthalle die politischen Machtverhältnisse reflektiert. Der Umgang mit öffentlichem Raum und die Entwicklung urbaner Konzepte sind Thema der Ausstellung [SPACE] in den Deichtorhallen Hamburg. Und [SHIFT] im Kunstverein untersucht, wie das Individuum sich den veränderten Gegebenheiten anpasst.

Girl, aus der Serie: Moscow Street, Moskau 2008. Foto: Andreas Herzau/mit Genehmigung der Galerie SOIZ

Unter diesen Schlüsselbegriffen bieten die Hamburger Museen mit verschiedenen künstlerischen Konzepten und Präsentationsformen ganz unterschiedliche Zugänge zum Thema »Breaking Point. Searching for Change«. Ergänzt werden die thematisch kuratierten Ausstellungen durch monographische Präsentationen renommierter Fotograf*innen wie Anton Corbijn, Shirana Shahbazi oder Joan Fontcuberta. Darüber hinaus werden, neben einer erstmals initiierten begleitenden [OFF]-Triennale, wieder zahllose Galerien, so auch die FREELENS Galerie, fotografische Initiativen und neu zu entdeckende Ausstellungsorte das Programm erweitern.

Im Mittelpunkt steht in der Eröffnungswoche der Triennale das Festivalzentrum rund um die Deichtorhallen Hamburg. Neben der [ENTER]-Ausstellung, die die politischen, sozialen und ökologischen Fragestellungen der Triennale in den Mittelpunkt rückt, präsentieren sich hier zahlreiche Hochschulen und Initiativen. Durch die einzigartige Kooperation aller Beteiligten wird die Triennale der Photographie – nun bereits zum siebten Mal – ab dem 7. Juni die Kulturszene Hamburgs verändern und die gesamte Stadt einmal mehr für mehrere Wochen zum Zentrum der Fotografie in Deutschland werden lassen.

Henry Rollins, 1994. Foto: Anton Corbijn

Zur Triennale erscheint das Buch »Breaking Point«, welches unterschiedlichste Projekte und Zugänge zu dem komplexen Thema vorstellt und die thematische und inhaltliche Vielfalt des diesjährigen Mottos auch über die Festivalzeit hinaus dokumentiert. Die einzelnen Kapitel setzen sich mit unterschiedlichen Fragestellungen zu einem Kaleidoskop der Fotografie zusammen und machen sichtbar, dass sich die Fotografie auch in schwierigeren und scheinbar unüberschaubar werdenden Zeiten als ein wesentliches ästhetisches Ausdrucksmittel behauptet. Das Buch erscheint bei Hartmann Books, Stuttgart und umfasst 352 Seiten mit 300 Abbildungen.

Eine weitere Neuerung der 7.Triennale der Photographie Hamburg 2018 ist das Magazin TriMag, das dem Besucher einen umfassenden Überblick über Ausstellungen, Programmpunkte und inhaltliche Besonderheiten ermöglicht. Das Magazin liegt seit Ende Mai in allen beteiligten Kunstinstitutionen kostenfrei aus.

Das komplette Programm der Triennale der Photographie 2018 finden Sie unter: www.phototriennale.de